Süddeutsche Zeitung

Corona:3-G-Pläne fürs Büro werden konkreter

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Erst Zertifikat zeigen, dann ins Meeting: Die Corona-Regeln am Arbeitsplatz sollen strenger werden. Was geplant wird - und was noch umstritten ist.

Von Roland Preuß und Henrike Roßbach, Berlin

Angesichts rasant steigender Infektionszahlen wollen die potenziellen Ampel-Koalitionäre Unternehmen und Beschäftigte im Kampf gegen Corona deutlich stärker in die Pflicht nehmen. Künftig sollen Beschäftigte, die vor Ort im Betrieb arbeiten, nachweisen müssen, dass sie entweder geimpft, genesen oder getestet sind. In bestimmten, besonders gefährdeten Einrichtungen wie Pflegeheimen oder Krankenhäusern sollen zudem auch Geimpfte und Genesene Corona-Tests machen müssen.

Das alles geht aus einer sogenannten Formulierungshilfe für strengere Regeln am Arbeitsplatz hervor, die zu der von Rot-Grün-Gelb geplanten Novelle des Infektionsschutzgesetzes gehört. Der Bundestag soll kommende Woche über das Gesetzespaket abstimmen; der Entwurf für die Formulierungshilfe in Sachen Arbeit und Betriebe liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Aus Regierungskreisen hieß es, die Formulierungshilfe befinde sich derzeit noch in der Ressortabstimmung - die Details können sich also noch ändern. Äußerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom Freitag allerdings wiesen in die gleiche Richtung, in die der Entwurf geht.

Die größte Breitenwirkung dürfte dabei haben, dass eine allgemeine 3-G-Regel für Beschäftigte und Arbeitgeber geplant ist. Jeder, der vor Ort im Unternehmen arbeitet und bei dem Kontakte zu anderen Personen "nicht ausgeschlossen werden können", soll demnach künftig eines der drei Gs - geimpft, genesen oder getestet - nachweisen müssen. Ausnahmen gelten für kurze Kontakte im Freien. Das bedeutet: Wer seinen Impf- oder Genesenenstatus nicht offenlegen will, muss sich täglich testen lassen - im Testzentrum oder vor Ort im Betrieb. Im Entwurf heißt es: "Der Beschäftigte ist für die Beibringung des Testzertifikats (zum Beispiel mittels Bürgertests) verantwortlich."

Die Arbeitgeber sollen die Angaben ihrer Beschäftigten erfassen und dokumentieren, sie können diese auch selbst nutzen, etwa, um die Gefahr im Betrieb einzuschätzen. Dieselben Regeln sind auch für Behörden vorgesehen. "Insgesamt trägt die Testung zu einem besseren Überblick über das Infektionsgeschehen bei und ermöglicht eine bessere Abschätzung der kommenden Krankenhausbelegung", heißt es in dem Entwurf.

Ob Unternehmen einen Auskunftsanspruch zum Corona-Status ihrer Beschäftigten haben sollen oder nicht, ist umstritten. Die Arbeitgeber drängen schon länger auf eine Offenlegung des Impfstatus, auch damit sich die Betriebe darauf einstellen und womöglich Regeln lockern können.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dagegen pocht auf den Arbeitnehmerdatenschutz, sprich: Das gehe den Arbeitgeber nichts an. Zuletzt wurde ein Auskunftsanspruch für besonders gefährdete Bereiche beschlossen, zu mehr konnte sich die alte Bundesregierung nicht durchringen. Diese Woche sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, aufgrund der derzeit "eskalierenden Infektionslage" sei ein wirksamer Schutz vor Infektionen am Arbeitsplatz wichtiger denn je, 3-G-Zugangsregeln am Arbeitsplatz könnten "hierfür ein wirksames Mittel sein". Eine Auskunftspflicht von Beschäftigten über den eigenen Corona-Impfstatus aber lehnt der DGB weiter ab. "Gleichwohl empfehlen wir den Beschäftigten, ihren Impfstatus freiwillig offenzulegen", sagte Hoffmann.

Auch Handwerker oder Paketboten, die ins Haus kommen, sind betroffen

Neben der 3-G-Regel am Arbeitsplatz sind für einige Einrichtungen und Unternehmen sogar noch strengere Regelungen geplant - nämlich dort, wo Beschäftigte mit besonders gefährdeten Menschen in Kontakt kommen, wie etwa in Pflegeheimen oder Kliniken. Dort sollen sich dem Entwurf zufolge auch geimpfte und genesene Beschäftigte und auch Besucher Corona-Tests unterziehen müssen. Hintergrund ist, dass man sich trotz Impfung oder überstandener Covid-Erkrankung anstecken und andere infizieren kann, auch wenn dies nach Stand der Wissenschaft deutlich weniger wahrscheinlich ist als ohne Immunisierung. Bei geimpften und genesenen Arbeitnehmern sollen allerdings zwei Tests in der Woche genügen, auch Selbsttests ohne Überwachung wären möglich.

Die besonders gefährdeten Einrichtungen sollen laut Entwurf Tests für ihre Beschäftigten und auch Besucher anbieten müssen - unter "Besucher" fallen übrigens nicht nur Angehörige, sondern auch Handwerker oder Paketboten, die ins Haus kommen. Jens Spahn hatte bei seinem Auftritt mit RKI-Chef Jens Wiehler am Freitag zudem darauf hingewiesen, dass es nun rasch wieder kostenlose Corona-Bürgertests geben werde. Eine Verordnung dafür solle von diesem Samstag an gelten, sodass Angebote Anfang nächster Woche starten dürften.

Als Streitpunkte könnte sich noch erweisen, inwiefern Arbeitgeber für die Kosten der - im Fall ungeimpfter Mitarbeiter täglichen - Tests aufkommen müssen, und ob Beschäftigte, die sich der neuen Regelungen verweigern, weiterhin ihren Lohn erhalten sollen.

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