Contis Zukunft:Blitz und Donner in Hannover

Gegen den Willen von Maria-Elisabeth Schaeffler geht bei Continental demnächst nichts mehr. Doch erst einmal muss ein Nachfolger für Manfred Wennemer gefunden werden.

S. Haas und M. Hesse

Der Wetterdienst hat Gewitter angesagt für diesen Samstag in Hannover. Auf jeden Fall dürfte es hinter den roten Backsteinmauern in der Vahrenwalder Straße 8 noch einmal blitzen und donnern. In der Zentrale des Autoherstellers Continental trifft sich am Morgen um zehn Uhr zunächst das Management des Dax-Konzerns um Manfred Wennemer mit dem Aufsichtsrat um Hubertus von Grünberg. Auch die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat kommt zunächst zu internen Beratungen zusammen. Es geht darum, wer Wennemer nach sieben Jahren an der Konzernspitze beerben soll. Gegen Mittag wird sich das Kontrollgremium zurückziehen und eine Entscheidung fällen. Und die Frau, auf die es dabei ankommt, wird nicht mit am Tisch sitzen: Maria-Elisabeth Schaeffler. Doch jedem ist klar, dass hier nichts mehr gegen ihren Willen läuft.

Contis Zukunft: Continental in Hannover - wer folgt auf Noch-Chef Manfred Wennemer?

Continental in Hannover - wer folgt auf Noch-Chef Manfred Wennemer?

(Foto: Foto: dpa)

Nachdem Schaeffler mit ihrer Firmengruppe die Kontrolle über den Dax-Konzern Conti gewonnen hat, ist ein heftiger Streit darum ausgebrochen, wer Conti in Zukunft führt. Als Favorit für die Nachfolge von Wennemer gilt Technik-Vorstand Karl-Thomas Neumann, 47. Aus Kreisen, die dem Conti-Aufsichtsrat nahe stehen, verlautete am Freitag, Neumann werde mit großer Wahrscheinlichkeit die Nachfolge Wennemers antreten. Dieser habe sich gegen Finanz-Vorstand Alan Hippe, 41, durchgesetzt, zumal auch Schaeffler Neumann favorisiere. Neumann gelte als einer, der die Integration von VDO in Conti vorantreiben werde. Daran habe Schaeffler ein großes Interesse. Neumann soll zudem den Einstieg von Schaeffler befürwortet haben, während Hippe diesen abgelehnt und sich damit im Übernahmepoker hinter Konzernchef Wennemer gestellt habe. Allerdings sprechen sich im Aufsichtsrat offenbar auch Stimmen für Hippe aus.

Die Entscheidung dürfte weitreichende Folgen haben. In Finanzkreisen heißt es, auch Hippe werde Conti verlassen, wenn er Wennemer nicht beerben kann. Einen neuen Finanzvorstand sucht Conti ohnehin seit Monaten, da Hippe seit dem Frühjahr die Reifensparte führt und im Oktober auch Conti Tech übernehmen sollte. Als Kandidat für seine Nachfolge als Finanzvorstand gilt der Post-Manager Michael Krause. Die übrigen Löcher würden bei einem Weggang Hippes zunächst intern gestopft, hieß es.

Gemeinsames Abkommen unterzeichnet

Schaeffler hat unterdessen den bei Conti vertretenen Gewerkschaften umfangreiche Zusagen gemacht. "Der Einstieg der Schaeffler KG gefährdet keine Arbeitsplätze bei der Continental AG", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Sie wurde am Freitag von Schaeffler-Chef Jürgen Geißinger, dem Personalchef Kurt Mirlach, vom Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen Hartmut Meine, dem Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der IG BCE Werner Bischoff und dem Conti-Konzernbetriebsrat Bruno Hickert unterzeichnet. In dem Sieben-Punkte-Papier verpflichten sich die Gewerkschaften, der Konzernbetriebsrat und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von Conti, den Einstieg von Schaeffler "im Aufsichtsrat und in der Öffentlichkeit" positiv zu begleiten. Damit sei eine gute Basis für die weitere Zusammenarbeit gelegt, sagte Bischoff, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Conti. IG-Metaller Meine sagte: "Die Zusagen minimieren die Risiken und sind ein Rahmen in künftigen Auseinandersetzungen".

Beobachter erwarten, dass Schaeffler künftig bis zu vier eigene Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet. Wie viele Vertreter das Familienunternehmen in den Aufsichtsrat entsendet, dürfte auch davon abhängen, wie hoch ihr Anteil nach Ablauf der Annahmefrist am 16.9. hält. Das Unternehmen teilte am Freitag mit, Finanztermingeschäfte (Swaps), die Schaeffler mit Banken geschlossen hatte, habe sie gekündigt. Daraus könnten Schaeffler jetzt bis zu 28 Prozent der Conti-Aktien zufließen. Mit den bereits erworbenen acht Prozent käme Schaeffler somit auf 36 Prozent. Mit Conti ist vereinbart, dass die Franken vier Jahre lang nicht mehr als 49,99 Prozent der Aktien erwerben. Sollten ihnen bis zum 16.9. mehr Anteile angedienet werden, "hat die Schaeffler KG die Möglichkeit, Continental-Aktien an Finanzinstitute zu veräußern, die diese Aktien über einem Zeitraum von bis zu fünf Jahren marktschonend weiterveräußern", heißt es in einer Mitteilung von Schaeffler.

Conti hatte die Swap-Geschäfte als gesetzeswidriges Anschleichen kritisiert. Die Finanzaufsicht stufte das Vorgehen als legal ein. Das Justizministerium erklärte am Freitag, man sollte abwarten, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen, ehe man über gesetzliche Konsequenzen nachdenke. Schnellschüsse werde es keine geben. Die Grünen-Fraktionsvize Christine Scheel dagegen sieht schon jetzt Handlungsbedarf. "Es gibt da eine Lücke", lautete ihr Befund, der das neue Risikobegrenzungsgesetz ausdrücklich einschloss. "Wir werden das als Grüne sicherlich auf die Tagesordnung setzen."

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