Continental vs. Schaeffler:Die Nacht der langen Messer

Ein handfester Streit herrschte auf der Conti-Aufsichtsratssitzung. Conti-Chef Neumann wird wohl gehen müssen. Wie alles geschah - ein Bericht aus der Nacht.

Er hatte keine Chance. Schon vor der Aufsichtsratssitzung bei Continental war klar, dass es zwar formal nur um eine Kapitalerhöhung, tatsächlich aber um den Job von Karl-Thomas Neumann gehen würde. Die Vertreter von Großaktionär Schaeffler wollten Neumann stürzen, die Arbeitnehmerseite ihn hingegen noch halten.

Continental, dpa

Stürmische Zeiten bei Conti.

(Foto: Foto: dpa)

Der Streit eskalierte bereits im Vorfeld des Treffens, so dass die Aufsichtsratssitzung erst mit großer Verspätung am Nachmittag begann: Schaeffler hatte klargemacht, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Conti-Vorstandschef nicht mehr möglich sei. Zu viel Gift hatte dieser nach Ansicht von Schaeffler in der Öffentlichkeit versprüht.

Lange Diskussionen

Schon in den Vorgesprächen gab es lange Diskussionen um die Personalie Neumann, eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen wurde dann auf der Aufsichtsratssitzung zum Thema. Doch die fünf Vertreter der Schaeffler-Gruppe konnnten sich während der Abstimmung nicht durchsetzen, obwohl die insgesamt zehn Kapitalvertreter die Abberufung Neumanns nicht ablehnten.

Der Kapitalseite ist klar, dass sich Conti auf Dauer nicht gegen Schaeffler wehren kann, sondern auf das Vertrauen ihres größten Aktionärs angewiesen ist. Die Franken halten immerhin 90 Prozent an Conti. Doch am Donnerstag hielt die Arbeitnehmerseite noch geschlossen dagegen und konnte so den Rauswurf Neumanns verhindern. Noch.

Verloren hat der Conti-Chef trotzdem, weil auch der unmittelbar nach der Aufsichtsratssitzung einberufene Vermittlungsausschuss zu keinem Ergebnis kam: Auf der nächsten Aufsichtsratsitzung am 12. August wird dann zur Absetzung von Neumann nicht mehr eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt, sondern es reicht dann die einfache Mehrheit. Conti-Aufsichtsratschef Rolf Koerfer hat doppeltes Stimmrecht - und er unterstützt Schaefflers Anliegen.

Der Nachfolger von Neumann könnte dann Elmar Degenhart heißen, den die Schaeffler-Vertreter bereits nominiert haben sollen. Aktuell ist er Produktionsvorstand bei Schaeffler, hat aber auch schon als Manager bei Conti gearbeitet und war davor Chef der Keiper Recaro Group. Auch über die Position des neuen Finanzvorstandes dürfte noch diskutiert werden - bisher wird sie von Neumann mitbetreut.

Der zuletzt genannte Schaeffler-Finanzchef Klaus Rosenfeld dürfte es aber nicht werden, da er bei Schaeffler bleiben soll und eine Doppelposition rechtlich als problematisch gilt.

Fokus auf Stabilisierung

Auf der Aufsichtsratsitzung präsentierte Schaeffler auch die Vorstellungen von einem neuen gemeinsamen Konzern. Das Konzept, dass Neumann entgegen seinen Äußerungen schon länger vorgelegen haben soll, sieht eine Holding vor, die an die Börse gebracht werden soll. Unter dem Dach der Holding sind nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen die drei Sparten Automotive, Industry und Rubber angesiedelt.

Zunächst jedoch sei es wichtig, dass sich beide Seiten - Continental und Schaeffler - stabilisierten. Daher billigte Schaeffler am Ende der bis halb zwölf Uhr nachts dauernden Sitzung doch den Plan des Vorstands, eine Kapitalerhöhung um bis zu 1,5 Milliarden Euro vorzubereiten.

Ob und inwieweit die dann unter einem neuen Conti-Chef auch noch durchgesetzt wird, ist allerdings fraglich.

Daneben wurde während der Sitzung zur Stabilisierung der Lage die Zusammenarbeit aller Banken gefordert. Conti hat allein schon 54 Kreditinstitute, von denen sich bislang 30 untereinander organisiert und Konsortialführer bestimmt haben. Dies sind unter anderem die französischen Institute BNP Paribas und Crédit Agricole, die britische Barclays sowie die niederländische ING.

Nach der Aufsichtsratssitzung, die insgesamt in sachlicher Atmosphäre abgelaufen sein soll, sprach Neumann von "ungewöhnlichen und sehr enttäuschenden Entwicklungen", die es ihm "schwer, sehr schwer" machten, "auf Dauer vertrauensvoll mit unserem Großaktionär zusammenzuarbeiten".

Er weiß wohl, dass er seinen Job nach der Nacht der langen Messer kaum behalten wird.

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