Continental :Es wackeln 20 000 Jobs

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Auf der IAA präsentierte man der Kanzlerin einen selbstfahrenden Bus. Jetzt hat der Konzern ziemlich schlechte Nachrichten. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Schwacher Autoabsatz, zu teure Produktion: Der Autozulieferer aus Hannover muss sparen und schließt selbst Kündigungen nicht mehr aus. Der Betriebsrat wehrt sich vehement.

Von Max Hägler, München

Es war Elmar Degenhart ein großes Anliegen, über die Zukunft der Arbeit zu reden. "Die Industrie insgesamt ändert sich so schnell wie nie", sagt der Chef des Autozulieferers Continental, und war sehr nachdenklich dabei. Denn der von ihm geführte Konzern müsse sich deshalb sehr rasch sehr viel Mühe und Mitarbeiter umzuschulen. Denn zugleich befinde man sich mitten in einer "Wirtschaftskrise". Es gelte zu handeln, bevor man nicht mehr in der Lage dazu sei.

Seit diesem Mittwoch ist klar, wer betroffen sein wird und wie große die Umbrüche sind: Continental streicht in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich 20 000 von derzeit mehr als 244 000 Stellen im gesamten Unternehmen, so das Ergebnis einer Beratung im Aufsichtsrat. Bis Ende 2023 sind es voraussichtlich etwa 15 000 Arbeitsplätze, davon etwa 5000 in Deutschland. Weil zugleich auch neue Jobs entstehen, spricht Conti offiziell von "Veränderungen". Continental ist der nach Bosch und Denso im Autogeschäft weltweit drittgrößte Zulieferer.

Scharfer Gegenwind kommt von den Arbeitnehmervertretern. "Ich verurteile die Planungen des Vorstands auf das Schärfste", erklärte Konzernbetriebsratschef Hasan Allak. Er warf Conti Managementfehler aus der Vergangenheit vor, für die die Mitarbeiter nun die Zeche zahlen müssten. Die IG Metall teilte mit, die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hätten einer Schließung von Standorten in Deutschland nicht zugestimmt, sondern lediglich einer ergebnisoffenen Prüfung. "Den vom Vorstand geplanten gravierenden Stellenabbau werden sie nicht akzeptieren", sagte Christiane Benner, IG-Metall-Vize und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Conti.

Die Ursachen für die Krise sind nach Konzernangaben vielfältig: Der Autoabsatz weltweit lasse nach, einige Standorte produzieren zu teuer und werden aufgegeben. Roboter und Software übernehmen manche Aufgaben, Conti spricht von einer "schwindenden Zahl von traditionellen Aufgaben und Tätigkeiten". Und dann ist da auch die Umstellung vom arbeitsintensiven Bau von Verbrennermotoren hin zur so viel simpleren Elektromobilität. In Roding (Bayern), Limbach-Oberfrohna (Sachsen), Pisa (Italien) und Newport News (USA) könnten zwischen den Jahren 2024 und 2028 insgesamt 3500 Jobs im Verbrennermotorbereich gestrichen werden, für einen Teil der Jobs gibt es bislang keinen Ersatz. In Babenhausen (Bayern) wiederum schließt der Konzern mit Hauptsitz in Hannover die Serienproduktion von Bedienelementen - die Kosten sind zu hoch im Vergleich zu asiatischen Konkurrenten.

Die Zahl der Programmierer soll in den kommenden vier Jahren deutlich steigen

Insgesamt sind weltweit sieben Werke von dem Sparprogramm betroffen, das schlicht "Transformation 2019-2029" heißt. Die Umsetzung "wird uns bis an die Leistungsgrenze fordern und manchmal wahrscheinlich darüber hinaus", kündigte Degenhart an. Es sei zwar "feste Absicht, unsere betroffenen Mitarbeiter so gut wie möglich zu schützen und ihnen Zukunftsperspektiven zu bieten", aber doch könnten betriebsbedingte Kündigungen als "allerletztes Mittel" nicht ausgeschlossen werden. Sollte all das nicht ausreichen, um die schrumpfenden Gewinne aufzufangen, könnte es auch zu weiteren Sparmaßnahmen kommen, kündigte der Konzern vorsichtshalber schon einmal an.

Um Kündigungen zu verhindern, haben das Conti-Management um Degenhart und Personalchefin Ariane Reinhart mit den Arbeitnehmervertretern verschiedene Ansätze vereinbart: Stellen sollen nicht nachbesetzt werden, manche Unternehmensteile stehen zum Verkauf. Und schließlich sollen Umschulungen den Umbau abfedern. Eine interne Stellenbörse soll neu entstehende Arbeitsmöglichkeiten aufzeigen; die Zahl der Programmierer wird in den kommenden vier Jahren von 19 000 auf 23 000 steigen.

Auch andere Unternehmen der Automobilindustrie warnen, dass angesichts der technologischen Umbrüche und politischen Hürden Stellen wegfallen könnten. Bosch-Chef Volkmar Denner machte jüngst deutlich, was der Wechsel der Technologien bedeutet: Bei einem Dieseleinspritzsystem seien zehn Mitarbeiter beschäftigt, bei einem Benzinsystem drei und bei einem Elektrofahrzeug noch einer.

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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