Conti gegen Schaeffler:Vor dem Frieden: Ein Interview-Krieg

Machtkampf um Conti: Ex-Chef Wennemer stachelt auf, Aufsichtsrat Henkel kontert. Und doch ist Frieden möglich: Conti-Chef Neumann erhält eventuell eine Gnadenfrist.

Machtkampf zwischen Continental und Großaktionär Schaeffler - es wird öffentlich bis aufs Messer gekämpft, obwohl ein Kompromiss in Reichweite zu liegen scheint. "Es könnte sein, dass wir bis Mittwoch eine Paketlösung hinbekommen", hieß es am Montag aus Aufsichtsratskreisen.

Conti gegen Schaeffler: "Das ist eine Frechheit." Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer (links) und Conti-Aufsichtsrat Hans-Olaf Henkel.

"Das ist eine Frechheit." Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer (links) und Conti-Aufsichtsrat Hans-Olaf Henkel.

(Foto: Fotos: dpa, AP)

Das wäre wichtig: Am Mittwoch soll erneut der Conti-Aufsichtsrat zusammenkommen.

Vorher aber gibt es eine regelrechte Interview-Schlacht in deutschen Medien zu bewundern. Da wurde nichts ausgelassen rund um den umstrittenen Conti-Chef Karl-Thomas Neumann, den das Familienunternehmen Schaeffler vor anderthalb Wochen aus dem Amt kippen wollte.

Den Auftakt machte ausgerechnet Neumanns Vorgänger Manfred Wennemer, der schon seit jeher gegen einen Einstieg der Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler war und Conti deshalb verlassen hatte. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel bot ihm eine breite Bühne zur Selbstdarstellung und zur Abrechnung.

"Das Allerschlimmste verhindern"

Für Continental sei es schlimm, wetterte Wennemer, dass sich seine Einschätzung der Schaefflers und ihrer Truppe bestätigt habe: "Egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos" - diese drei Vorwürfe hätten sich in den vergangenen 13 Monaten alle als korrekt erwiesen.

Der frühere Conti-Chef riet der fränkischen Unternehmerfamilie, endlich einzusehen, dass sie alles verloren habe, was zu verlieren gewesen sei: "Es ist Sache der Banken, ihnen das klarzumachen."

Wennemer forderte zudem, einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden zu bestimmen - und den Schaeffler-Anwalt Rolf Koerfer aus diesem Amt zu entfernen. Der neue Chefkontrolleur müsse kompetent, unabhängig und allseits geachtet sein. Der Aufsichtsratschef sei schließlich dem Unternehmen verpflichtet und nicht dem Großaktionär. Es liege nun an den Aufsichtsräten, das Allerschlimmste zu verhindern, sagte Wennemer dem Spiegel. Er hoffe, dass sie sich nicht zu Stimmgebern für die Familie Schaeffler degradieren ließen.

Das ging an die Adresse der Vertreter der Anteilseigner im Kontrollgremium. Sie wollte Wennemer aufstacheln. Die Antwort kam prompt von einem Betroffenen, dem Conti-Aufsichtsrat Hans-Olaf Henkel. Er meldete sich am Montag mit einem Interview zu Wort. Der Vorwurf, er sei ein reiner Stimmgeber für die Familie Schaeffler, sei eine "Frechheit", sagte Henkel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Der frühere BDI-Vorsitzende erinnerte daran, dass er unter den Anteilseignern derjenige gewesen sei, der einer Übernahme durch Schaeffler skeptisch gegenüber gestanden habe: "Vielleicht vermisst Wennemer die Schlagzeilen oder lässt sich instrumentalisieren", lästerte Henkel.

Henkel macht sich für Degenhardt stark

Der Aufsichtsrat machte sich zudem für die Bestellung des Schaeffler-Produktionschefs Elmar Degenhardt zum neuen Conti-Chef stark. Als langjähriges Conti-Aufsichtsratsmitglied habe er die Führungskräfte Hubertus von Grünberg, Wennemer und Neumann mit eingestellt - und Degenhardt wäre bei Antritt besser vorbereitet gewesen als jeder der Genannten. "Degenhardt ... war schon selbst einmal Vorstandsvorsitzender - diese Erfahrung hat er allen seinen Vorgängern voraus", sagte Henkel der FAZ.

Eine ganz andere Einschätzung vertrat Wennemer im Spiegel. Neumann entspreche dem Anforderungsprofil eines Conti-Chefs wesentlich eher als Degenhardt: "Continental braucht jetzt einen Unternehmer und keinen Bürokraten."

Gut möglich, dass solche Interviewkriege in der Sache Conti gegen Schaeffler bald der Vergangenheit angehören.

Die Zeichen stehen auf Einigung. Die Conti-Aufsichtsräte stimmen sich in Telefonkonferenzen regelmäßig ab. Auch die Banken und die Politik sind offenbar an den Verhandlungen beteiligt. Aus dem Umfeld der Konzerne hieß es, der Konflikt könnte sich "in Wohlgefallen" auflösen.

Demnach könnte ein Kompromiss darin bestehen, dass Conti-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann abberufen wird - aber auch der Aufsichtsratsvorsitzende und Schaeffler-Berater Rolf Koerfer geht. Jede Seite würde dann Opfer bringen.

Offenbar ist die Familie Schaeffler inzwischen zu einem weiteren Zugeständnis bereit. Es könne darauf hinauslaufen, dass Neumann nicht gleich, sondern erst in einem halben Jahr gehe, sagte ein Insider.

Ein Nachfolger für Koerfer stehe noch nicht fest. "Gewünscht wäre eine Integrationsfigur aus der Industrie oder dem Banken-Umfeld." Zu den größten Kreditgebern beider Firmen gehört die Commerzbank, die Finanzkreisen zufolge von einigen Conti-Aufsichtsräten zu einer stärkeren Einflussnahme gedrängt wird.

Endgültige Entscheidungen seien vor Mittwoch nicht zu erwarten, hieß es. "An dem Kompromiss muss noch viel gefeilt werden", sagte ein Conti-Aufsichtsrat. "Aber es wird wohl einen Kompromiss geben", sagte ein anderer.

Koerfer heftig in der Kritik

Auf ein Ausscheiden Koerfers drängten vor allem die Arbeitnehmervertreter in dem Kontrollgremium, hieß es. Er sei angeblich aber auch bei Aufsichtsräten der Anteilseignerseite umstritten.

Der Anwalt steht seit dem Eklat bei der Aufsichtsratssitzung Ende Juli heftig in der Kritik. Schaeffler hatte bei dem dramatischen Treffen versucht, Neumann zu stürzen, war aber am Widerstand der Arbeitnehmerseite gescheitert. Die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für eine Ablösung Neumanns kam nicht zustande.

Für den Fall, dass die Paketlösung nicht zustande kommen sollte, werden nach wie vor aber auch andere Szenarien gehandelt. Bis Montag sollte Koerfer alle offenen Fragen zum versuchten Sturz Neumanns beantworten.

Diese Frist hatte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gesetzt. Der SPD-Politiker ist Garant der Investorenvereinbarung zwischen Schaeffler und Conti zur Wahrung der Conti-Interessen. Kommt der von Schröder eingeschaltete Anwalt zum Ergebnis, dass Schaeffler gegen die Vereinbarung verstoßen hat, könnte der Altkanzler vor Gericht kurzfristig eine einstweilige Verfügung gegen eine Abberufung Neumanns erwirken.

Abrechnung mit der Familie Schaeffler

Da dem Handelsblatt zufolge Schröders Jurist tatsächlich Unregelmäßigkeiten monieren soll, gilt es in der Branche als möglich, dass die erneute Krisensitzung des Conti-Aufsichtsrats am Mittwoch doch noch platzt. Die erste Sitzung hätte rechtlich gar nicht stattgefunden, falls Schröders Anwalt richtig liegt. Aus diesem Grund würde die geplante zweite Sitzung als erster Wahlgang gelten - und damit sei wieder die Zwei-Drittel-Mehrheit statt der einfachen Mehrheit nötig.

Schaeffler hatte in der Investorenvereinbarung unter anderem zugesagt, keine Änderungen in der Zusammensetzung des Conti-Vorstands vorzunehmen oder zu veranlassen. Sollte die Aufsichtsrats-Sitzung ausfallen, erwäge Schaeffler die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung, schreibt das Handelsblatt.

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