Schifffahrt:Die berühmtesten Plastikenten der Welt

Schutz der Meere vor Plastikmüll

Plastikenten - hier als Motiv umgesetzt im Foyer des Meeresmuseums von Stralsund, um auf die zunehmende Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll hinzuweisen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Container, der 1992 über Bord ging, enthielt Tausende Plastikenten. Sie sollten Geschichte schreiben. Noch heute werden sie gefunden.

Von Hans von der Hagen

Es muss am 10. Januar 1992 ziemlich wüst auf dem nördlichen Pazifik hergegangen sein. Jedenfalls verlor seinerzeit im Sturm ein Frachter auf der Fahrt von Hongkong nach Tacoma im US-Bundesstaat Washington mehrere Container. Wie viele es insgesamt waren, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Klar ist aber, dass sich in einem 28 800 Plastiktierchen befanden - kleine blaue Schildkröten, grüne Fröschchen, rote Biber und besonders auffällig: gelbe Enten. Der Container mit dem Spielzeug brach auf, Wasser drang ein und machte den Verpackungen schnell den Garaus. Die Tiere - hergestellt als Badespielzeug - tauchten mitten im Pazifik auf, ungefähr dort, wo der 45. Breitengrad die Datumsgrenze schneidet.

Von dort aus reisten sie in alle Richtungen. Zehn Monate später strandeten die ersten 3000 Kilometer von dem Unglücksort entfernt an der Küste von Alaska. Da sie mit dem Schriftzug "First Years Inc" gekennzeichnet waren - das ist der Name der US-Firma, die die Produktion in China beauftragt hatte - ließ sich ihre Herkunft feststellen. Meeresforscher Curtis Ebbesmeyer, der in Seattle arbeitete, wurde auf die Geschichte aufmerksam. Er befasste sich mit den Strömungen in den Ozeanen. Die bekanntesten von ihnen sind die fünf mächtigen ozeanischen Wirbel, in denen das langsam zirkulierende Wasser besonders viel Treibgut zusammenträgt.

Um die Wege des Wassers nachzuweisen, behelfen sich Wissenschaftler wie Ebbesmeyer gewöhnlich etwa mit schwimmenden Messgeräten, deren Position sich via Satellit verfolgen ließ. Doch schon zwei Jahre zuvor hatte Ebbesmeyer festgestellt, dass über Bord gegangene Handelsware ihn bei der Arbeit unterstützen konnte: Ein Frachter hatte 1990 rund 61 000 Nike-Joggingschuhe verloren, deren Route sich ebenfalls nachbilden ließ. Doch die Schuhe waren natürlich nichts gegen die bunten Plastiktiere, die sich als extrem haltbar erwiesen und hervorragend schwammen, da sie kein Loch hatten und somit auch kein Wasser aufnahmen. Zudem waren sie dank ihre knalligen Farben recht auffällig, auch wenn im Laufe der Jahre das Gelb der Enten und das Rot des Bibers zu einem schnöden Weiß verblasste.

Überraschung in Großbritannien

Über die Jahre wurden weltweit weitere Tiere entdeckt: Manche sollen im Packeis des Nordpolarmeeres eingefroren sein, andere schwammen bis nach Südamerika oder Australien. Immer erregten sie eine gewisse Aufmerksamkeit, da die Firma First Years je nach Fundstelle zeitweise einen Finderlohn ausgelobt hatte. Im Juli 2007 berichtete die britische Times, dass in Südengland die pensionierte Lehrerin Penny Harris in der Grafschaft Devon wohl eine der Enten entdeckte, als sie mit ihrem Hund am Strand entlang spazierte - mehr als 27000 Kilometer von dem Ort entfernt, wo der Container ins Wasser gefallen war.

Und selbst heute, mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Bordsturz, werden diese Plastiktiere noch gefunden. In seinem jüngsten Newsletter beschreibt Ebbesmeyer mehrere Funde im Jahr 2017 - etwa ein ausgeblichener grüner Frosch in Texas, der schon etwas demoliert war. "Ich konnte es zunächst nicht glauben, dass diese Spielzeuge möglicherweise über den Arktischen Ozean geschwommen waren." Doch es sieht nun ganz so aus, als seien Tiere über die Arktis und den Atlantischen Ozean in den Golf von Mexiko gelangt.

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