Grauer Kapitalmarkt:Geprellte P&R-Anleger erhalten erste Zahlungen

Lesezeit: 1 min

Weltweit unterwegs: In den Büchern von P&R standen am Ende 1,6 Millionen Container, auffindbar waren nach der Pleite aber nur 618 000. (Foto: CHRISTINNE MUSCHI/REUTERS)

Es war einer der größten Geldanlage-Skandale der deutschen Geschichte: Das Schnellballsystem des Containervermieters P&R. Das meiste Geld ist für immer verloren, ein wenig aber gibt es nun zurück.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Für die meisten ist es ein schwacher Trost, manch ein Anleger aber wird aufatmen können: Die 54 000 Gläubiger der betrügerischen Containerfirma P&R sollen bald eine erste Rückzahlung ihrer verlorenen Anlagegelder erhalten, Insolvenzverwalter Michael Jaffé kündigte am Donnerstag die erste Abschlagszahlung an. Insgesamt sollen zunächst 200 Millionen Euro ausgeschüttet werden, verteilt über 74 000 einzelne Überweisungen. Eine zweite Zahlung erwartet Jaffé bis Mitte 2022.

Zumindest bei manchen Gläubigern scheint es allerdings Hindernisse zu geben - sie haben offenbar ihre Bankverbindungen noch nicht bestätigt. Auch in diesen schwierigen Fällen will Jaffé die Zahlungen bis Jahresende abschließen. Insgesamt habe der Insolvenzverwalter durch Vermietung und Verkauf der noch vorhandenen Schiffscontainer bereits mehr als 400 Millionen Euro einnehmen können, hatte die Kanzlei im März mitgeteilt. Insgesamt hofft Jaffé, bis zu einer Milliarde Euro für die Anleger retten zu können.

P&R hatte nach Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft über Jahre hinweg mehr Container verkauft als es tatsächlich gab: In den Büchern standen am Ende 1,6 Millionen Stück, doch auffindbar waren nur 618 000. Die Investoren hatten weitgehend sogenannte Direktbeteiligungen abgeschlossen, waren damit (Teil-)Eigentümer der Container und verdienten an den Mieteinnahmen und der späteren Verwertung der Boxen. Das war mehrere Jahrzehnte lang ein gutes Geschäft mit einer Jahresrendite zwischen drei und fünf Prozent.

Im März vor drei Jahren war die Unternehmensgruppe mit Sitz in Grünwald und im Schweizer Kanton Zug zusammengebrochen, als P&R die versprochenen Renditen nicht mehr zahlen konnte und Insolvenz anmelden musste. Insgesamt hatte die Gruppe etwa 3,5 Milliarden Euro eingeworben. Betroffen von der Pleite sind fast ausschließlich Privatanleger, darunter viele Rentner und Pensionäre, die ihre Altersvorsorge aufbessern wollten und geprellt wurden. Die Staatsanwaltschaft sieht "Merkmale eines Schneeballsystems", strafrechtlich aufgeklärt wurde der Fall allerdings nicht: Ein Prozess gegen den zwischenzeitlich wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr inhaftierten Gründer und langjährigen Chef der P&R-Gruppe, Heinz R., kam aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zustande.

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivFinanzskandal
:Der Mann, der Wirecard stürzte

Alle nannten ihn nur Pav. Er war Jurist bei Wirecard in Singapur. Seine Informationen deckten einen Skandal auf, dessen Dimension auch er nicht einmal ahnen konnte. Der Fall Wirecard: Rekonstruktion einer Enthüllung.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: