Constantin Medien:Kirch-Firma will Schadensersatz von BayernLB

Der Streitfall könnte zum Politikum werden: Die BayernLB soll einstige Formel-1-Anteile von Leo Kirch zu billig verkauft haben - Constantin Medien fordert nun Schadensersatz, die Landesbank weist die Ansprüche zurück.

Von Klaus Ott

Der Brief, der eine Menge Geld bringen soll, ist kurz und knapp. Gerade mal zwei Seiten lang. "Wir sind verpflichtet, die BayernLB in Anspruch zu nehmen", schreiben die Münchner Anwälte Wolf-Rüdiger Bub und Peter Gauweiler. Bayerns Landesbank soll also zahlen, und zwar an die Constantin Medien AG, die von den beiden Juristen vertreten wird. Zu den Hauptaktionären der Constantin zählt (über die Firma KF 15) Ruth Kirch, die Witwe des 2011 verstorbenen Medienmagnaten Leo Kirch. Der Streitfall lautet also: Kirch und Gauweiler gegen die Landesbank. Es geht um den Verkauf der Formel 1 und Korruption, auch um Politik, und am Ende könnte die ganze Sache vor Gericht landen.

Die Familie Kirch und deren Anwälte, allen voran der CSU-Haudegen Gauweiler, sind ausgesprochen lästig. Das hat viele Jahre lang die Deutsche Bank zu spüren bekommen, die schließlich kapitulierte und vor einer Woche 927 Millionen Euro Schadensersatz an Leo Kirchs Erben und Gläubiger zahlte. Nun ist die BayernLB an der Reihe. Doch der Vorstand des Staatsinstituts um den demnächst ausscheidenden Bankchef Gerd Häusler denkt dar nicht daran, klein beizugeben. Im Gegenteil. Die Landesbank hat die beiden Constantin- und Kirch-Anwälte Bub und Gauweiler bereits abblitzen lassen. Wie kleine Jungs, die man nicht ernst nimmt. Für die Antwort, dass man nichts zahlen werde, braucht die BayernLB nur eine Seite. Darin steht, das Begehren nach einem Schadensersatz aus Formel-1-Geschäften sei "schlicht abwegig". Am Ende des Schreiben werden Gauweiler & Co. sogar dazu aufgefordert, künftig von "jeglicher weiteren direkten Kontaktaufnahme" bei der Staatsbank abzusehen und sich gegebenenfalls an deren Anwälte zu wenden.

Das klingt nach noch mehr Ärger in einer Causa, die schon jetzt die Justiz kräftig beschäftigt. Leo Kirch hatte mal die Formel 1 besessen und ging 2002 pleite, woraufhin die Renn-Aktien des Medienmagnaten an die BayernLB fielen, als Pfand für einen Milliardenkredit. Das Staatsinstitut hat aber nicht die Aufgabe, ein Motorsportspektakel zu veranstalten. Also verkaufte die Landesbank nach ein paar Jahren ihre Formel-1-Anteile, zum Preis von 773 Millionen Dollar. Was damals niemand wusste und was erst viel später herauskam: Dem für die Renn-Beteiligung zuständigen Bankvorstand Gerhard Gribkowsky hatte Formel-1-Chef Bernie Ecclestone heimlich 44 Millionen Dollar zukommen lassen. Gribkowsky wurde wegen Bestechlichkeit zu Gefängnis verurteilt, in zwei Monaten kommt Ecclestone in München wegen Bestechung vor Gericht. Der Renn-Boss sagt, die 44 Millionen Dollar seien kein Schmiergeld gewesen, er sei vielmehr von Gribkowsky erpresst worden.

Die Schadenersatzhöhe sei noch nicht feststellbar, so die Anwälte

Wie auch immer, die Kirch- und Constantin-Anwälte Bub und Gauweiler betrachten das als Korruptionsfall mit der Konsequenz, dass die BayernLB für ihre Formel-1-Anteile zu wenig Geld bekommen habe. Wäre der Erlös deutlich höher ausgefallen, dann hätte davon im Wege eines einst vereinbarten "Besserungsscheins" auch die Kirch-Firma Constantin profitiert. Mit einer Schadensersatzklage gegen Renn-Boss Ecclestone ist Constantin in London allerdings gescheitert, nun versucht die Kirch-Firma es bei der BayernLB in München. Mit dem Argument, der Verkauf der Renn-Aktien habe auf Korruption beruht und sei daher nichtig. Die Landesbank habe es versäumt, die inzwischen deutlich im Wert gestiegenen Formel-1-Anteile zurückholen, erneut zu veräußern (dieses Mal für einen Milliardenbetrag) und anschließend die Constantin Medien AG auszuzahlen.

Der Landesbank hatten Bub und Gauweiler eine Frist bis zum 6. März gesetzt, "uns gegenüber anzuerkennen", dass die BayernLB für alle Schäden der Constantin hafte. Die Schadenshöhe selbst sei noch nicht feststellbar, schrieben die Anwälte vor einer Woche an die BayernLB. Das war jener Tag, als bei Kirchs Erben und Gläubigern das Geld von der Deutschen Bank einging. Die Landesbank antwortete ziemlich schnell, die Vorwürfe seien völlig unverständlich, völlig haltlos und entbehrten jeder Substanz. Das werden die Familie Kirch und deren Anwälte kaum auf sich sitzen lassen. Geld für neue, teure Prozesse ist nach dem Sieg über die Deutsche Bank mehr als genug da.

Im Streit mit der Deutschen Bank, den Leo Kirch gleich nach seiner Pleite begann, hatten der Medienmagnat und sein Vertrauter Gauweiler offenbar auch ihre Beziehungen spielen lassen. Der langjährige Bankchef Josef Ackermann erzählte kürzlich bei einer Vernehmung durch die Münchner Staatsanwaltschaft, bei ihm habe sich mal Altkanzler Helmut Kohl gemeldet und gesagt, Leo Kirch wäre mit 1,2 Milliarden Euro Schadensersatz einverstanden. Die Bank müsse aber binnen zwei bis drei Tagen zustimmen und zahlen. Kirch und Kohl waren befreundet. Bei einer anderen Gelegenheit warb Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer bei der Deutschen Bank für einen Vergleich mit Kirch. Mal schauen, was bei der BayernLB geschieht.

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