Condor:In der Warteschleife

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Alle reden nun über die Aufteilung von Air Berlin: Lufthansa, Eurowings, Tui, Etihad, Niki. Nur der Ferienflieger Condor, der zu Thomas Cook gehört, scheint bei alldem keine Rolle zu spielen. Wírklich? Die Gerüchte wollen nicht verstummen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Air Berlin und Eurowings, TUIfly mit Etihad und Niki - über mögliche Kooperationen oder gar Fusionen wird unter deutschen Fluggesellschaften derzeit viel, teilweise hektisch gesprochen. Im Hintergrund versuchen die Konzerne Lufthansa und TUI die Kontrolle über den Lauf der Dinge zu bewahren. Noch ist nicht klar, ob überhaupt eine und, wenn ja, welche der zum Teil abenteuerlichen Konstruktionen am Ende wirklich zustande kommt, deren wichtigstes Ziel es ist, Air Berlin zumindest vorläufig zu retten. Nur ein Wettbewerber scheint dabei außen vor zu bleiben: die Ferienfluggesellschaft Condor.

Zur Erinnerung: Air Berlin soll zerschlagen werden. 40 Maschinen sollen künftig im Auftrag der Lufthansa Group (Eurowings und Austrian) fliegen, 75 bleiben bei Air Berlin. Etihad Airways, die bei Air Berlin das Sagen hat, soll gemeinsam mit TUIfly eine dritte Ferienfluggesellschaft gründen, wogegen die Mitarbeiter der TUIfly erbitterten Widerstand leisten.

Dass Condor in all den Planungen derzeit offenbar keine Rolle spielt, überrascht auf den ersten Blick. Sicher: Die Ferienfluggesellschaft erlebt gerade ein furchtbares Jahr, weil Türkeikrise, Terroranschläge und Überkapazitäten ihr das Europageschäft verhagelt haben. Aber in den vergangenen Jahren hat die Firma mit ihren derzeit 45 Jets immer ordentlich Geld verdient und zudem ihr Geschäft mit touristischen Langstrecken-Verbindungen ausgebaut.

Auf den zweiten Blick aber werden die Zusammenhänge deutlicher: Bei Condor und ihrem Anteilseigner Thomas Cook verhält es sich nämlich genau umgekehrt wie bei Air Berlin und Etihad. Condor hat in ihren guten Jahren dem Mutterkonzern viel Geld geliehen, angeblich rund 800 Millionen Euro, während Etihad ihre deutsche Tochter im Laufe der Jahre mit Zuwendungen von weit mehr als einer Milliarde Euro retten musste. Jetzt werden die guten Taten, Ironie der Geschichte, Condor womöglich zum Verhängnis.

Lufthansa würde Condor gern integrieren

Lufthansa hat nach Informationen aus Branchenkreisen wohl durchaus Interesse, neben Teilen der Air Berlin auch den Ferienflieger Condor zu übernehmen. Anwälte prüfen seit längerem, ob dies kartellrechtlich möglich wäre. Die Kanzleien sind dem Vernehmen nach zu dem Ergebnis gekommen, dass beides machbar wäre, zumal Lufthansa die 40 Jets von Air Berlin zunächst nur mieten will. Andere denken angeblich auch über eine Kombination aus TUIfly und Condor nach - als Alternative zum Geschäft zwischen TUIfly, Niki und Etihad. Dass dies zustande kommt, ist aber noch unwahrscheinlicher, als ein Einstieg der Lufthansa bei Condor.

Der Hauptgrund sind die 800 Millionen Euro: Thomas Cook kann Condor nicht verkaufen, ohne geregelt zu haben, wie mit den internen Verbindlichkeiten umzugehen ist. Das Geld vor einem Verkauf zurückzuzahlen dürfte unmöglich sein, einen Tilgungsmodus mit einem neuen Condor-Eigner zu finden wäre bestenfalls langwierig. Und dass ein Investor wie die Lufthansa auf Forderungen in dieser Größenordnung verzichten würde, nur um eine strategisch sinnvolle Übernahme hinzubekommen, ist auch nicht anzunehmen.

Condor droht auch deshalb in der Neuordnung der deutschen Airlines übergangen zu werden, weil sowohl Lufthansa als auch TUI erkannt haben, wie sehr sie Etihad in der Hand haben. Die horrenden Verluste von Air Berlin, die stets neue Kapitalspritzen nötig machen, sind allen Ölmilliarden zum Trotz den Etihad-Eignern in Abu Dhabi auf Dauer nicht mehr zu vermitteln. Etihad-Chef James Hogan muss also schnell eine Lösung für die deutsche Tochtergesellschaft liefern, die die Verluste zumindest eindämmt - diese Notlage machen sich Lufthansa und TUI zunutze.

Die im Raum stehenden Stundenraten von etwa 1800 Euro pro Flugzeug decken beim Air Berlin/Eurowings-Mietgeschäft nach Informationen aus Branchenkreisen nur etwa zwei Drittel der Kosten. Air Berlin und Etihad würden draufzahlen, Lufthansa und Eurowings kämen billig an Zusatzkapazität. Doch die Verluste wären für Air Berlin noch weit höher, wenn sie die Jets weiter im eigenen Netz betreiben müsste.

TUI will Etihad und nicht Air Berlin als Mitaktionär ihrer neuen Ferienfluggesellschaft, um die 14 Flugzeuge abzusichern, der derzeit im Auftrag der Berliner fliegen. Der Mietvertrag ist aus Sicht von Air Berlin so teuer, dass er unbedingt beendet werden soll. Für ihr mögliches Entgegenkommen muss Etihad auch der TUI etwas bieten.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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