Nach Staatskredit:Kritik an Billigtickets von Condor

Nach Staatskredit: Condor - jetzt billig mit Staatsgeld?

Condor - jetzt billig mit Staatsgeld?

(Foto: AFP)
  • Condor wurde mit einem Staatskredit von 380 Millionen Euro vor der Pleite bewahrt.
  • Jetzt wirbt die Fluggesellschaft mit besonders günstigen Tickets.
  • Kritiker werfen Condor Dumpingtarife und eine Zweckentfremdung des Kredits vor.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Für 29,99 Euro nach Antalya, für 39,99 Euro nach Djerba oder Jerez de la Frontera - wer Condor fliegt, fliegt mit ein bisschen Glück gerade sehr günstig. Auf der Website bewirbt die Ferienfluggesellschaft die Niedrigtarife unter dem Label "Kurzfliegen" - also nicht so weit weg und mal kurz für ein paar Tage in die Sonne, es ist ja günstig. Neu ist das Konzept nicht, aber nun entfaltet sich eine politische Diskussion um die Preise, die für das Unternehmen gefährlich werden könnte. Bietet Condor, gerade mit einem Staatskredit von 380 Millionen Euro über Wasser gehalten, Flüge zum Dumpingtarif an? Und wie verträgt sich das mit dem Klimapakt?

"Kampfpreise und Marktgewinnungsstrategien mit Steuergeld zu machen, ist ein Unding", sagt der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Michael Theurer. "Der Bundestag muss Zugang zu sämtlichen Unterlagen bekommen, damit sich die Abgeordneten ein Bild davon machen können, ob eine Zweckentfremdung des Kredits vorliegt", so der Politiker. "Eine Wettbewerbsverzerrung mit Staatsknete und eine Quersubventionierung von Billigtickets sind inakzeptabel."

Die Bundesregierung und das Land Hessen hatten nach der Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook, zu dem Condor gehört, zugesagt, für einen KfW-Kredit zu bürgen. Das Geld braucht Condor für den kommenden Winter, in dem Ferien-Airlines traditionell Verluste machen, die sie, wenn es gut läuft, im Sommer überkompensieren. Durch die Pleite der Muttergesellschaft war das Cash-Polster für die aufkommensschwache Zeit weg. Condor bekam den Kredit und befindet sich in einem Schutzschirmverfahren, einer Variante der Insolvenz, bei der das Unternehmen nach drei Monaten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchlaufen kann.

Auch die Condor-Konkurrenz murrt schon vernehmlich, dass sie es nun mit einer staatlich unterstützten Fluggesellschaft aufnehmen muss, die über Billigpreise Marktanteile gewinnen wolle. Bei Tuifly kostet der Flug nach Heraklion mindestens 93,74 Euro, bei Condor dagegen nur 39,99 Euro. Lufthansa-Ableger Eurowings bietet viele europäische Ziele für Preise ab 29,99 Euro an, Heraklion gibt es ab 49,99 Euro. Allerdings erhält Eurowings keine Staatshilfen, und normalerweise wird nur ein kleiner Teil der Kapazität im Einzelplatzverkauf zu diesen Einstiegspreisen angeboten.

Bei Condor aber geht es auch um die Kontingente, die die Airline an Reiseveranstalter verkaufen will, nachdem ihr durch die Thomas-Cook-Pleite 20 Prozent der Kunden verloren gegangen sind. Die Veranstalter greifen derzeit gerne die Billigkontingente ab, so ein Insider, und decken sich damit für den Winter ein. "Das ist nicht vergleichbar mit den Vorjahren", sagt er. Condor-Vertriebschef Paul Schwaiger hofft, die hohe Nachfrage der anderen Veranstalter werde die Lücke schließen. Zu spüren bekommen dies nun Konkurrenten wie Eurowings, Tuifly oder Sun Express.

Heikle Situation für die Bundesregierung

"Alle Airlines bieten derzeit attraktive Angebote für Flüge in der Nebensaison, um diese auszulasten, so auch Condor", teilte Condor mit. Bei den Günstigtarifen handele es sich um eine lang geplante Preisaktion, die sich mit der Insolvenz der Thomas Cook überschnitten habe und nicht mehr gestoppt werden konnte. Sie sei am 3. Oktober ausgelaufen. Die günstigen Angebote für Einzelplätze waren aber auch danach noch verfügbar. Den Reiseveranstaltern werden dem Vernehmen nach ebenfalls weiterhin günstige Angebote unterbreitet. Ein Beobachter weist darauf hin, dass auch Air Berlin nach dem Insolvenzantrag im August 2017 versucht habe, der Konkurrenz Marktanteile abzunehmen.

Für die Bundesregierung ist die Situation politisch heikel. Gerade erst hat sie im Klimapakt beschlossen, die Luftverkehrsabgabe zu erhöhen, um das Fliegen zu verteuern und zu verhindern, dass die Fluggesellschaften zu billige Tickets verkaufen, die die wahren (Umwelt-)Kosten der Reisen nicht widerspiegeln. Die Union hatte darüber hinaus ernsthaft erwogen, den Airlines Mindestpreise von rund 50 Euro vorzuschreiben. Ins Klimapaket der Bundesregierung wurde diese Forderung letztlich aber nicht übernommen.

Hingegen soll die Steuer nach einem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums erhöht werden - um 2,93 Euro für Strecken innerhalb Deutschlands und Europas (Distanzklasse 1) und um 16,45 Euro für Langstrecken (Distanzklasse 3). Bei einem Langstreckenflug sind damit künftig 58,63 Euro fällig, bei Kurzstrecken 10,43 Euro. Insgesamt soll die Steuer die Branche mit rund 500 Millionen Euro belasten.

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