Süddeutsche Zeitung

Computerspiele:Ohne Konsole

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Für große Videospiele brauchen Nutzer einen teuren Computer - eigentlich. Google hat nun eine Idee, wie es anders laufen kann. Das könnte den Milliardenmarkt verändern.

Von Caspar von Au, München

Die Spielkonsole im Wohnzimmer, der teure Gaming-PC unterm Schreibtisch oder eine Nintendo Switch für unterwegs - wenn es nach Google geht, braucht bald niemand mehr spezielle Geräte für Videospiele kaufen. Den Marketingversprechen des Unternehmens zufolge steht die nächste Gaming-Revolution im November an. Dann startet Stadia - so nennt Google seine neue Gaming-Plattform - in 14 Ländern weltweit.

Neben den USA, Kanada und einigen weiteren europäischen Staaten wird sie auch in Deutschland verfügbar sein. Das hat der Konzern auf einem eigens dafür einberufenen Event einige Tage vor der Computerspielemesse E3 angekündigt. Stadia soll so etwas wie das Netflix oder Spotify für Videospiele werden. Die Gaming-Plattform ist cloud-basiert. Ohne dafür besondere Hardware zu benötigen, ein Spiel herunterzuladen oder updaten zu müssen, sollen Nutzer Spiele streamen können. Die Spiele laufen auf dafür speziell eingerichteten Servern, Video und Ton werden auf den Computer (oder auch das Smartphone) des Spielers gestreamt.

Google ist nicht der einzige Anbieter von Cloud-Gaming. "Geforce Now" vom Chiphersteller Nvidia befindet sich in der Testphase, verfügbar ist dagegen schon der Dienst "Shadow" des französischen Unternehmens Blade. Und Microsoft tüftelt derzeit noch an seinem Streaming-Dienst "Project Xcloud". Noch ist nicht entschieden, welcher Anbieter sich durchsetzen und den Krieg der Portale für sich entscheiden wird. In diesem Zusammenhang wird ausschlaggebend sein, welche Spiele auf welcher Plattform verfügbar sein werden. Google hat bereits eine Liste von mehr als 30 Spielen von teilweise namhaften Publishern ankündigt, die von Anfang an auf Stadia spielbar sein werden. Dazu gehören beispielsweise Destiny 2, Baldur's Gate 3 und Shadow of the Tomb Raider.

Ebenfalls wichtig wird sein, ob der Streaming-Dienst flüssig läuft und die Befehle des Nutzers an das Spiel ohne große Verzögerungen übertragen werden. Googles Servernetz bietet eine gute Infrastruktur, aber auch die Nutzer müssen über eine einigermaßen schnelle Internetleitung verfügen. Jack Buser, Leiter der Abteilung Spiele bei Stadia, sagt, dass eine Übertragungsrate von 10 Megabit pro Sekunde ausreiche, um Spiele in HD flüssig darzustellen. Für das volle Programm - 4K-Auflösung, High Dynamic Range (HDR) und Surround-Sound - werden etwa 35 Megabit pro Sekunde benötigt.

Um Spiele in 4K, HDR und mit Surround-Sound zu streamen, müssen Nutzer knapp zehn Euro pro Monat zahlen. Als "Stadia Pro"-Abonnenten erhalten sie außerdem kostenlosen Zugang zu einigen Spielen wie Destiny 2 und Rabatte auf Spielekäufe. 2020 soll das Angebot um das Abo "Base" erweitert werden, mit dem Nutzer in HD spielen können und für Games den vollen Preis zahlen müssen. Was die billigere Variante kosten wird, ist noch nicht bekannt.

Ein spezielles Stück Gaming-Hardware gibt es dann doch für Stadia (das aber nicht zwingend zum Spielen benötigt wird): Rund 70 Euro soll der eigens für den Dienst entwickelte Controller kosten, der an eine Mischung aus den entsprechenden Geräten für Playstation und Xbox erinnert.

Wer ab November Stadia nutzen möchte, muss die sogenannte Founder's Edition erwerben. Diese kostet knapp 130 Euro. Enthalten sind ein Controller, Googles Streaminggerät Chromecast und drei Monate des Abonnements "Pro". Zudem können Käufer ein weiteres dreimonatiges Probeabo an einen Freund weitergeben. Nur ein Abo kann zunächst nicht abgeschlossen werden. Wann sich Stadia für Kunden öffnen wird, die nicht das Paket kaufen möchten, sagt Google bislang nicht. Angesichts der dreimonatigen Abonnements der Founder's Edition zum Start dürfte es aber auf Februar 2020 hinauslaufen.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2019
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