Unicredit-Chef Andrea Orcel hat der Commerzbank-Führung ein allenfalls befriedigendes Zeugnis ausgestellt. Zwar wolle er einen konstruktiven Dialog führen mit dem Commerzbank-Management, sehe sich aber bereits jetzt als „aktiver Aktionär“, sagte Orcel dem Handelsblatt. Unicredit hatte in der vergangenen Woche den schrittweisen Ausstieg des Bundes aus seiner Beteiligung bei der Commerzbank genutzt und insgesamt neun Prozent der Aktien von Deutschlands zweitgrößter Privatbank gekauft. Mittelfristig hält er eine Übernahme der Commerzbank für die beste Lösung, will sich aber auch jetzt schon einbringen. „Es ist wichtig, dass die Commerzbank ihre Bilanz stärkt, wächst und dabei gleichzeitig profitabler wird“, sagte Orcel. Das Management habe hier deutliche Fortschritte gemacht, könne seiner Meinung nach aber „noch viel mehr tun“.
Die Eigenkapitalrendite der deutschen Unicredit-Tochter HVB sei doppelt so hoch wie die der Commerzbank. Ihr Verhältnis von Kosten zu Erträgen liegt 20 Prozentpunkte unter dem der Commerzbank. Das Kapital der HVB werde wesentlich effizienter eingesetzt. Eine starke Kapitalbasis sei der beste Schutz im Bankgeschäft und damit im Interesse aller Stakeholder.
Commerzbank-Chef skeptisch
Die Aussagen dürften bei Commerzbank-Chef Manfred Knof und Finanzchefin Bettina Orlopp nicht allzu gut ankommen. Fraglich ist auch, ob sich HVB und Commerzbank direkt vergleichen lassen. Die Commerzbank hatte gerade erst eine neue Strategie bis 2027 festgezurrt: Bis dahin will die Bank weiter in die IT investieren, die Profitabilität verbessern und die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft reduzieren. Knof hatte just einen Tag vor der Unicredit-Nachricht mitgeteilt, seinen 2025 ablaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Ob es einen Zusammenhang mit dem Unicredit-Einstieg gibt, ist öffentlich nicht bekannt. Als mögliche Nachfolgerin gilt Bettina Orlopp.
Zu den Aussagen von Orcel wollte sich die Commerzbank nicht äußern. Am Rande einer Veranstaltung der Hochschule ESMT in Berlin sagte Knof am Montag, die Commerzbank sei stark und man halte an der Umsetzung der Strategie 2027 fest, um profitabler zu werden. Zu einem möglichen Zusammenschluss wollte er sich der Nachrichtenagentur Reuters zufolge nicht im Detail äußern. „Wir sind von unserem eigenen Plan überzeugt“, sagte Knof. Wenn jemand gute Ideen vorlege, werde man das prüfen - im Sinne der Kunden, Mitarbeiter und Investoren, sagte Knof. Es habe bereits Austausch mit der Unicredit gegeben. Dem Vernehmen nach möchte der Vorstand der Commerzbank jedoch lieber eigenständig bleiben und hat vorsorglich die Investmentbank Goldman Sachs damit beauftragt, sie bei einer Abwehr gegen eine mögliche Übernahme zu beraten. Auch die Gewerkschaft Verdi lehnt eine Übernahme vehement ab. Der Bund, der noch zwölf Prozent an der Commerzbank hält, hat sich noch nicht positioniert.