Commerzbank:Wer sind unsere Kunden?

Commerzbank: Die Zentrale der Commerzbank in Frankfurt

Die Zentrale der Commerzbank in Frankfurt

(Foto: Frank Rumpenhorst/picture alliance/dpa)

Banken müssen wissen, wessen Gelder sie verwalten. Sind sie Straftätern oder sanktionierten Oligarchen behilflich, drohen empfindliche Strafen. Bei der Commerzbank stauen sich nun offenbar die Kundenakten.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es gehört zum Pflichtenkanon jeder Bank, und nicht zuletzt die Russland-Sanktionen zeigen erneut, wie wichtig diese Übung ist: "Kenne deine Kunden" oder "Know your Client", abgekürzt "KYC", nennt sich die Vorgabe für Geldhäuser, ihr Kunden zu durchleuchten. Klappt das nicht, wird also eine Bank mit sanktionierten Oligarchen in der Kundschaft erwischt, drohen hohe Strafen. Kein Wunder, dass Banker "KYC" auch scherzhaft mit "Kill your Career" übersetzen, es kann Banker die Karriere kosten, wenn sie aus Versehen einem Verbrecher bei Geldgeschäften behilflich sind.

Die Commerzbank hat auf diesem Gebiet allerdings immer noch Nachholbedarf. Nach SZ-Informationen sind bei der Bank unlängst erhebliche Mängel in der Kunden-Identifikation aufgetaucht. Konkret soll das Geldhaus bei der notwendigen regelmäßigen Überarbeitung der Kundenakten deutlich hinterherhinken. Die Rede ist von einer höheren sechsstelligen Anzahl an Akten, die nicht rechtzeitig auf den neuesten Stand gebracht worden seien. Das Problem soll 2019 vor allem in der Direktbanktochter Comdirect entstanden sein, sich aber auch auf die Commerzbank erstrecken. Risikovorstand Marcus Chromik verhandele derzeit mit der Finanzaufsicht Bafin bezüglich der Folgen, sagte ein Insider. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Commerzbank eine Strafe zahlen müsse, weswegen die Sache auch unangenehm für den neuen Konzern-Chef Manfred Knof sei.

Eigentlich müsste die Commerzbank solche Themen längst im Griff haben. Das Geldhaus hatte vor einigen Jahren gegen Iran-Sanktionen verstoßen, zahlte dafür 2015 im Rahmen eines Vergleichs mit den US-Behörden nicht nur enorme 1,45 Milliarden Dollar, sondern musste den Einsatz eines Aufpassers, einer externen Anwaltskanzlei, auf eigene Kosten akzeptieren. Dieser "Monitor" sollte der Bank helfen, die Systeme insbesondere bezüglich Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung sowie Sanktionen und Embargos zu überprüfen. 2019 beendete die Kanzlei die Arbeit, es seien "alle Aufgaben und Punkte abgearbeitet", hieß es damals.

Offenbar nicht ganz. Die Commerzbank bestätigte die Probleme, es habe bei "der eigenständigen Tochter Comdirect aus prozesstechnischen Gründen" zeitweise ein Rückstau der entsprechenden Aktualisierungen gegeben, sagte eine Sprecherin. Dieser sei nach der Integration der Comdirect in die Commerzbank zügig aufgelöst worden. Inzwischen sei diese Nachbearbeitung nahezu vollständig abgeschlossen. Die Finanzaufsicht Bafin wollte sich nicht äußern. Zuständig für die Geldwäscheprävention ist dort seit kurzem die frühere Commerzbank-Managerin Birgit Rodolphe. Sie sei an Entscheidungen zur Commerzbank nicht beteiligt, sagte eine Sprecherin der Bonner Behörde.

Commerzbank-Chef Knof ist trotz Krieg zuversichtlich

Auch die Deutsche Bank hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme mit der Aktualisierung ihrer Kundenakten - weswegen die Bafin der Bank 2018 ebenfalls einen Monitor ins Haus geschickt hatte. Dessen Einsatz wurde vergangenen Sommer sogar noch einmal verlängert. Bereits 2019 musste die Deutsche Bank Tausende besonders riskante Kunden aussortieren, weil sie die Akten nicht rechtzeitig aktualisieren konnte. Seither gelobt die Deutsche Bank immer wieder Besserung. Zuletzt wurde etwa die Zuständigkeiten in dem Bereich neu geordnet.

Commerzbank-Chef Knof ist unterdessen weiter zuversichtlich für das Kerngeschäft der Bank. Vergangene Woche verkündete er sogar höhere Ertragsziele "wegen des starken Kundengeschäfts". Das Engagement in Russland sei überschaubar und in der Vergangenheit bereits deutlich verringert worden. Den Aktionären versprach Knof zudem eine höhere Dividende und Aktienrückkäufe - eine erstaunliche Aussage angesichts des Ukraine-Kriegs und der zahlreichen Risiken, die damit auch für die Wirtschaft einhergehen. Am Aktienmarkt verhallten die Lockrufe daher völlig: Im Sog mit anderen Bank-Aktien verloren auch die Titel der Commerzbank zuletzt massiv an Wert - noch deutlich stärker als der Leitindex Dax.

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