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Commerzbank:Im Mittelpunkt von Übernahmespekulationen

Der Aktienkurs der Großbank stieg an, nachdem der Vorstandsvorsitzende der Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft WCM, Roland Flach, angekündigt hatte, ein Angebot für ein 4,9-prozentiges Aktienpaket an der Bank zu haben.

In der Zentrale des gelben Geldhauses sieht man die Aufgeregtheit an der Börse mit Gelassenheit. Schon seit Jahren ist die drittgrößte deutsche Geschäftsbank Gegenstand von Übernahme- oder Fusionsgerüchten.

"Mit Ausnahme der Sparkasse Peking wurde die Commerzbank schon mit allen großen Kreditinstituten ins Bett gelegt", wird am Bankenplatz Frankfurt ironisch abgewunken.

Fieberhafte Suche

Weitaus wahrscheinlicher ist die Absicht einiger Akteure, den Kurs der Commerzbank-Aktie in die Höhe zu treiben. Davon würde auch der WCM-Vorstandsvorsitzende Flach profitieren. Seine Gesellschaft sucht bereits seit geraumer Zeit fieberhaft einen kapitalkräftigen Investor, um die enormen Bankverbindlichkeiten bedienen zu können.

Da ein WCM-Einsteiger bislang nicht präsentiert werden konnte, wäre zumindest der Verkauf des Commerzbank-Pakets eine erhebliche Entlastung.

Spekulationsgewinne

WCM hatte Anfang 2002 rund 5,5 Prozent der Commerzbank-Aktien für jeweils 19 Euro - mit der Hoffnung auf steigende Kurse - erworben. Die Krise der Großbanken ließ jedoch den Kurs auf unter 10 Euro absacken.

Selbst nach den jüngsten Spekulationsgewinnen wurde die Aktie am Dienstag mit 15,50 Euro noch weit unter dem ursprünglichen Kaufpreis notiert. Jede weitere Verbesserung würde die Verhandlungsposition von Flach deutlich verbessern.

Entscheidung noch offen

Mittlerweile ist aber WCM selbst etwas zurückgerudert. Eine Entscheidung über den Verkauf der Commerzbank-Anteile sei noch nicht gefallen, betonte eine Sprecherin. Die Übernahmefantasien in Sachen Commerzbank waren in der vergangenen Woche wiederaufgeflammt, nachdem der Vorstand mit Abschreibungen auf Beteiligungen von 2,3 Milliarden Euro Altlasten aus der Bilanz räumte.

An der Börse wurde dies als kosmetische Operation gewertet, um die Braut für mögliche Partner attraktiver zu machen. Doch von strategischen Investoren ist weit und breit nichts zu sehen. Der renommierte Bankenbeobachter Dieter Hein vom unabhängigen Analysehaus Fairesearch kommentierte die Rolle der Commerzbank als Übernahmekandidat mit "bizarr".

Schlechte Verfassung

Gerade weil die Großbank derzeit in schlechter Verfassung ist, sei sie von Übernahmeversuchen geschützt, wurde Hein in der Börsen-Zeitung zitiert.

Auch bei der jüngsten Kapitalerhöhung, bei der die Bank 760 Millionen Euro einsammelte, war keine Bündelung von Interessen auszumachen. Die neuen Aktien wurden in der vergangenen Woche von mehreren hundert institutionellen Anlegern gezeichnet, bestätigte die Commerzbank. Ein Viertel wurden in Deutschland, der Rest überwiegend in Europa verkauft.

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