Süddeutsche Zeitung

Commerzbank-Chef Blessing:Zum Rapport vor den Bundestag

Noch immer verdient die mit Steuergeld gerettete Commerzbank kaum Geld, doch das Gehalt von Bank-Chef Blessing wurde mehr als verdoppelt. Der musste deshalb den Abgeordneten des Finanzmarktgremiums des Bundestages Rede und Antwort stehen. Über sein Gehalt - und über den Zustand des Geldhauses.

Andrea Rexer, Frankfurt

Es waren ungemütliche Minuten, die Martin Blessing in Berlin verbrachte. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, musste der Chef der Commerzbank am Freitag, den 14. September, den Abgeordneten des Finanzmarktgremiums des Bundestages Rede und Antwort über den Zustand der Commerzbank stehen - und darüber, warum sein Gehaltsdeckel gelüftet wurde, obwohl sich die Bank noch immer in schwierigem Fahrwasser befindet.

In der Finanzkrise musste der Staat die zweitgrößte Bank des Landes mit einer Milliardensumme retten. Das Institut hat inzwischen den größten Teil der Hilfen wieder zurückbezahlt. Doch noch immer gehören dem Staat 25 Prozent der Aktien. Kein Wunder also, dass die Abgeordneten des Finanzmarktgremiums genau nachfragen, wie sich die unfreiwillige Investition für den Steuerzahler entwickelt.

Ein wichtiges Thema für die Abgeordneten war Blessings Gehalt. Nachdem die Bank den größten Teil der stillen Einlage des Staates zurückbezahlt hat, wurde der Gehaltsdeckel gelüftet. Der Effekt: Blessing verdient anstatt 500 000 Euro nun wieder 1,3 Millionen Euro. "Blessing musste sich für die enorme Gehaltssteigerung rechtfertigen", heißt es aus informierten Kreisen. Der Vorstandschef hätte erklärt, dass es sich dabei nicht um eine Erhöhung des Gehalts handle, sondern um die Aufhebung einer vorübergehenden Beschränkung. Nicht alle Abgeordneten habe die Erklärung überzeugt.

Schließlich tut sich die Bank noch immer schwer, Geld zu verdienen. "Das operative Geschäft bleibt weiter unter Druck", hieß es in einer Präsentation der Commerzbank vergangene Woche in London. Ob im laufenden Jahr eine Dividende gezahlt werden kann, ist nach wie vor unsicher. Das ist für den Steuerzahler doppelt relevant: Ob eine Dividende gezahlt wird, hängt davon ab, ob das Ergebnis nach dem Handelsgesetzbuch positiv ist. Davon hängt auch ab, ob die verbleibende stille Einlage des Staats verzinst wird. Könnte die Commerzbank erneut die Einlage nicht verzinsen, wäre ihr ein öffentlicher Aufschrei sicher.

Unterdessen arbeitet Blessing unter Hochdruck an der neuen Strategie der Bank. Sie soll am 8. November in Frankfurt vorgestellt werden. Vor allem im Privatkundengeschäft steht die Bank vor großen Veränderungen. Ein Stellenabbau ist Finanzkreisen zufolge unvermeidbar - die Frage ist nur, wie umfangreich er ausfällt. Immer wieder wurde öffentlich die Zahl von 1000 Stellen kolportiert. Unter Umständen könnten Arbeitsplätze gesichert werden, wenn die Bank in ihren Filialen die Öffnungszeiten ausdehnt. Entschieden ist darüber jedoch noch nicht.

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SZ vom 02.10.2012/anri
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