Helmut Gottschalk:Das ist der Mann, der die Commerzbank beruhigen soll

Helmut Gottschalk

Helmut Gottschalk war Aufsichtsratsvorsitzender der genossenschaftlichen DZ Bank

(Foto: dpa)

Am Dienstag stellt sich der neue Aufsichtsratschef der Commerzbank zur Wahl. Ist Helmut Gottschalk der Richtige?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

35 Jahre lang führte er selbst eine Bank, keine große, sondern eine kleine, gut 400 Mitarbeiter, 2,5 Milliarden Euro Bilanzsumme, einige Tausend Kunden: die Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg im Schwarzwald. "Aus der Region und für die Region", wirbt das Geldhaus für sich auf seiner Webseite. Seit Kurzem aber führt Helmut Gottschalk, 69, den Aufsichtsrat der Commerzbank. Es ist die drittgrößte Bank Deutschlands, ein Dauerkriseninstitut mit einer Bilanzsumme, 200-mal größer als die seiner Volksbank, verstrickt in Finanzskandale von Cum-Ex bis Wirecard, mit launigen Großaktionären wie dem Bund, der die Bank in der Finanzkrise retten musste, und einem fordernden amerikanischen Fonds namens Cerberus, der das vorherige Management vergangenen Sommer vom Hof gejagt hatte. Und wäre das nicht genug, ist gerade auch noch die Hälfte der kapitalseitigen Aufsichtsräte zurückgetreten im Streit darum, wie weit der Bund in die Strategie eingreifen darf. Die Hauptversammlung musste verschoben werden. Die Lage ist verworren.

Gottschalk soll nun wieder Ruhe reinbringen, zusammen mit Vorstandschef Manfred Knof, 55, der die Bank seit Januar führt und gerade den x-ten Stellenabbau und die x-te strategische Wende eingeläutet hat. Wenn sich die Aktionäre diesen Dienstag in die Hauptversammlung einwählen, werden sie Gottschalk wohl zum neuen Aufsichtsratschef wählen. Geplant war das nicht. Denn zum Chaos gesellte sich noch Pech, als Hans-Jörg Vetter, der den Vorsitz gerade erst übernommen hatte, aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Rasch musste Ersatz her, und Gottschalk - schon halb im Ruhestand - bekam einen Anruf aus Frankfurt. Lange gezögert hat er nicht. Die Aufgabe scheint ihn nicht zu schrecken. Nicht nur, weil er viele Jahre selbst eine Bank geführt hat, sondern weil er acht Jahre lang auch Aufsichtsratschef der DZ-Bank war. Das Dachinstitut der Volksbanken ist ähnlich groß wie die Commerzbank.

Aber kann das gutgehen? Einer, der lang mit ihm zusammengearbeitet hat, sieht seine Berufung kritisch: Bei den Volksbanken sei er gut verdrahtet, aber das könne man nicht auf die Commerzbank übertragen. Mit Ende 60 stehe er zudem nicht gerade für Aufbruch.

Erfahrung mit launigen Eigentümern

Gottschalk ficht das nicht an. Er ist ein freundlicher älterer Herr, im Dreiteiler, mit Einstecktuch, goldenen Manschettenknöpfen und schwäbischem Zungenschlag. Im Commerzbank-Turm scheint er bereits gut angekommen zu sein. Die DZ-Bank, sagt er, sei wegen ihrer Struktur aus Versicherungen, Bausparkasse und Bank sogar komplexer als die Commerzbank. Deren Eigentümer, die Volksbanken, zudem nicht weniger fordernd. "Dort hatte ich es mit lauter Bankvorständen zu tun, die genau wissen, was man fragen muss. Das war auch nicht immer einfach", sagt Gottschalk und lacht.

Aber natürlich habe er sich gefragt, ob er in seiner Lebenssituation den Aufsichtsrat einer großen Privatbank führen wolle. Bereut habe er die Entscheidung bislang aber nicht. Die neue Strategie, das Auslandsgeschäft zu schrumpfen und sich auf den Mittelstand zu konzentrieren? "Genau richtig!" Der Vorstand? "Bestens aufgestellt." In den ersten Monaten werde zwar nicht viel Zeit bleiben für Reisen in die Heimat, derzeit wohnt Gottschalk im Hotel in Frankfurt. Aber wenn alles eingeschwungen sei, ihn die Commerzbank nicht mehr die ganze Woche beanspruche, werde er auch wieder Zeit für seine Enkel haben, den Französischunterricht, den er gerade erst begonnen hatte, und ein Ehrenamt in der evangelischen Kirche. Mal sehen, ob diese Rechnung aufgeht.

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