Comeback des Waliser Whiskys:Ende der Wysgi-Abstinenz

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Königlich: Charles, Prince of Wales, bei der Verkostung des Welsh Whisky "Penderyn".

(Foto: Barry Batchelor/AFP)

Mehr als 100 Jahre brannte niemand Whisky in Wales, weil die Feinde des Alkohols Druck machten. Dann eröffneten fünf Enthusiasten wieder eine Destillerie. Den Tropfen gibt es auch in Deutschland.

Von Björn Finke, Penderyn

Die Kirche war schuld, und die von ihr unterstützte Abstinenzler-Bewegung: Whisky zu produzieren, galt als Teufelswerk, und deswegen löschte im Jahr 1898 die letzte Destillerie in Wales das Feuer unter der Brennblase. Erst mehr als hundert Jahre später, am 14. September 2000, wurde in Wales wieder Whisky gebrannt, nachdem fünf Enthusiasten aus der Region ihre eigene Destillerie gegründet hatten. Die steht im Dorf Penderyn, in einem bei Wanderern beliebten Nationalpark. Dreieinhalb Jahre später war der wysgi - so das walisische Wort für die Spirituose - reif fürs Abfüllen und Trinken. Prinz Charles, der Prince of Wales, war an dem historischen ersten Verkaufstag auch dabei. So fängt sie an, die Geschichte der Welsh Whisky Company.

Inzwischen setzt die einzige Whisky-Destillerie in Wales mit 34 Beschäftigten 5,7 Millionen Euro um, Tendenz: rasch steigend. 160 000 Flaschen des Getreideschnapses werden im Jahr verkauft, das Dorf Penderyn dient dabei als Markenname für den hochprozentigen Tropfen. 6000 Flaschen pro Jahr wurden zuletzt nach Deutschland exportiert. Das Unternehmen aus der bergigen Region westlich von England gehört heute 30 Anteilseignern, und die können sich mittlerweile sogar über Gewinne freuen. Das war lange nicht so. "Die ersten acht Jahre hat die Company keinen Profit gemacht", sagt Stephen Davies, der Geschäftsführer. "Die Gründer unterschätzten die Herausforderungen." Da die Spirituose mindestens drei Jahre im Holzfass reifen muss, gebe es eben anfangs keine Umsätze mit Whisky.

Im Vergleich zu den großen Abfüllern ist die Firma mit ihren 160 000 Flaschen winzig: Vom beliebtesten Whisky der Welt, Officer's Choice aus Indien, verkauften sich im vorigen Jahr 214 Millionen Liter, von Johnnie Walker, dem populärsten schottischen Whisky, 181 Millionen Liter. Der Absatz von Whisky - oder Whiskey, wie das Getränk in Irland und teilweise den USA heißt - legt weltweit zu, allein in den vergangenen zehn Jahren stiegen die Exporte aus Schottland um 80 Prozent.

Whisky erlebt einen weltweiten Boom

Dieser Boom führte dazu, dass auch südlich der innerbritischen Grenze, in England, eine Handvoll Brennereien aufmachte. Und eben eine in Wales. Scotch Whisky dürfen diese ihren Getreideschnaps aber nicht nennen, das Privileg genießen ausschließlich schottische Destillerien. Bereits einige Jahre vor dem Neustart in Penderyn gab es einen Anbieter von vermeintlich walisischem Whiskey - der kaufte jedoch bloß schottischen Whisky und etikettierte diesen kurzerhand um. Der Schwindel fand ein schnelles Ende vor Gericht.

Die echten walisischen Whiskys von Penderyn kommen bei Fachleuten gut an, die Single Malts gewannen Preise. Single Malt bedeutet, dass Gerstenmalz die Grundlage ist und dass die Spirituose nur aus einer Brennerei stammt, also nicht mit anderen Tropfen verschnitten wurde. Single Malts sind teurer als verschnittene Whiskys, aber zur Freude der Destillerien greifen immer mehr Kunden zu diesen edleren Sorten. In Penderyn reift der Whisky nach dem Brennen im Schnitt fünfeinhalb Jahre lang, die meiste Zeit davon in Eichenfässern, in denen zuvor in Kentucky Bourbon-Whiskey gelagert wurde. Das dient dem besonderen Geschmack.

Gin und Wodka für schnelle Umsätze

Die Waliser sind jedoch nicht auf Whisky alleine angewiesen, ein Fünftel des Umsatzes stammt von anderen Alkoholika. Der Betrieb produziert einen Whisky-Sahne-Likör sowie Gin und Wodka, allerdings nicht unter dem Namen Penderyn. Die beiden harten Spirituosen werden zudem nicht in der Destillerie gebrannt: Die Firma kauft den Alkohol zu, mischt ihn mit dem Wasser aus der Quelle, die auf dem Grundstück sprudelt, und füllt ihn ab. "Das ist ein Erbe der Anfangsjahre", erklärt Unternehmens-Chef Davies, der früher Manager in der Stahlindustrie war. "Der Whisky reifte, es gab keine Umsätze - dank Wodka und Gin kam schnell Geld rein."

Weil sich der Whisky inzwischen blendend verkauft, investierte Davies zuletzt kräftig in die Brennerei. Um das zu zeigen, führt er durch die Destillerie, eine Halle, in der neben mächtigen Stahltanks vier große Kupferkessel stehen, von denen diverse Rohre abgehen. Die Kupferkessel sind das Herzstück des Betriebs, es sind die Brennblasen. Eine Blase destilliert aus 2500 Litern Maische, einer leicht alkoholhaltigen Suppe aus Gerstenmalz, 250 Liter hochprozentigen Alkohol. Der fließt dann mit Wasser verdünnt in die Fässer. Zwei der vier Brennblasen kochen erst seit Juni vor sich hin - dank dieser Erweiterung kann die Firma deutlich mehr Whisky produzieren. "Doch der muss ja erst im Fass reifen", sagt der Manager.

Bis sich die größere Kapazität also in mehr abgefüllten Flaschen niederschlägt, werden noch einige Jahre vergehen. Wysgi ist kein Geschäft für Ungeduldige.

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