Süddeutsche Zeitung

Coca-Cola:Britische Politiker wollen Coca-Cola-Trucks aussperren

  • Der Getränkekonzern will mit seinen Weihnachts-Lkws wieder durch die Städte in Großbritannien touren und so für sein berühmtes Getränk werben.
  • Ernährungsexperten und Politiker wollen das verhindern. In Großbritannien sind viele Kinder übergewichtig.
  • Von April an gilt in Großbritannien eine Extra-Steuer für Produkte, die zu viel Zucker enthalten.

Von Björn Finke, London

Der rote Lastwagen und sein Anhänger sind 13 Tonnen schwer und 16,5 Meter lang. 372 Lampen sowie Lichterketten mit 8772 Birnen lassen ihn erstrahlen, wenn er vor Einkaufszentren und auf Plätzen steht. An den Seiten des Anhängers ist groß "Coca-Cola" zu lesen, neben einem Weihnachtsmann mit Cola-Flaschen in den Händen. Dieser "Coca-Cola Christmas Truck" tourt seit November durchs Vereinigte Königreich. Bei seinen 42 Stopps verteilen Mitarbeiter kostenlos Cola-Dosen an Passanten.

Mit diesen Trucks, bekannt aus Fernsehspots, wirbt der US-Konzern auch in anderen Ländern für seine zuckrige Brause, etwa in Deutschland. Doch in Großbritannien regt sich nun Widerstand von Ernährungsexperten und Politikern. Duncan Selbie, Chef der Gesundheitsbehörde Public Health England, ruft Rathäuser dazu auf, die Werbeaktionen mit dem Lkw nicht zu erlauben. Kommunen müssten darüber nachdenken, ob das "Feiern von zuckerhaltigen Getränken im besten Interesse der Gesundheit von Kindern und Familien vor Ort" sei, sagt er ein wenig gedrechselt. Ein Ratsherr in Liverpool nimmt die Anregung bereits auf und verlangt, die "zynische Veranstaltung" in seiner Stadt zu stoppen.

Grund für die Aufregung sind beunruhigende Zahlen. Studien zufolge verlässt ein Drittel der jungen Untertanen Ihrer Majestät die Grundschule mit Übergewicht. Kinder aus armen Familien sind davon besonders betroffen. Und den meisten Zucker nehmen junge Briten über Limonaden wie Coca-Cola zu sich. Wer schon als Jugendlicher Speckrollen hat, wird diese später nicht so leicht los und hat ein höheres Risiko für Krankheiten wie Diabetes. Außerdem schadet der Zucker den Zähnen der Kinder. Das alles kostet den klammen staatlichen Gesundheitsdienst NHS Milliarden.

Politiker und Fachleute sprechen bereits von der britischen "Übergewichts-Krise". Nach Untersuchungen von Public Health England steuert Coca-Colas Christmas Truck viele Orte an, in denen diese Krise besonders schlimm ist: Gemeinden, wo Kinder überdurchschnittlich oft zu schwer sind und schlechte Zähne haben. Doch rote Lastwagen mit einem aufgemalten, sehr übergewichtigen Weihnachtsmann zu verbieten, wird die Krise im Lande nicht eindämmen. Die Regierung hofft aber, dass ihre neue Zuckersteuer weiterhilft. So eine Abgabe - von der Industrie heftig bekämpft - fordern auch in Deutschland immer wieder Experten.

Neue Rezepturen zur Steuervermeidung

Im Königreich müssen Getränkehersteller von April an diese Extra-Steuer zahlen, wenn ihre Produkte zu süß sind. Enthält ein Getränk mindestens acht Gramm Zucker pro 100 Milliliter, werden für diese 100 Milliliter 2,4 Pence Strafe fällig. Wer klassische Coca-Cola trinkt, schluckt gut zehn Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Fruchtsäfte werden nicht teurer, weil sich die Abgabe nur auf Getränke mit hinzugefügtem Zucker bezieht.

Mit den Einnahmen will die konservative Regierung Sport in Schulen fördern. Allerdings wird die Steuer weniger einbringen als geplant, da manche Unternehmen ihre Rezepturen geändert haben und nun statt Zucker Süßstoff verwenden. Die Regierung ist darüber aber nicht traurig, im Gegenteil: Die Abgabe sollte genau diesen Effekt haben.

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SZ vom 01.12.2017/jps/been
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