Co-Working:Unter einem Dach

Für Co-Working Spaces interessieren sich nicht nur Selbständige und Kreative. Auch Konzerne entdecken zunehmend die Vorteile.

Von Elisabeth Dostert

Co-Working Spaces - manche schreiben das in einem Wort: Coworking - ist einer dieser Begriffe aus der digitalen Arbeitswelt, die nicht mehr übersetzt werden, weil sich ihre Nutzer für Kosmopoliten halten, deren gemeinsame Sprache Englisch ist. Start-up, Incubator und Accelerator sind auch solche Wörter. Zusammenarbeiten, wenn man dann doch eine Übersetzung wagt, klingt anders, irgendwie nach gewöhnlichen Leuten in gewöhnlichen Büros. Genau das wollen die Co-Worker aber in ihrem "Space" nicht sein.

Viele haben sich an einer Definition versucht. Laut dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation ist "Co-Working das flexible Arbeiten voneinander weitgehend unabhängiger Wissensarbeiter an einem gemeinsamen, institutionalisierten Ort. Das hierarchiefreie soziale Netzwerk ermöglicht dabei für die Beteiligten vielfältige Kooperationsvorteile." Klaus-Peter Stiefel, Co-Autor der Fraunhofer-Studie "Faszination Coworking" aus dem Jahr 2014 und der neuen Studie "Coworking - Innovationstreiber für Unternehmen" ist sich sicher, "dass die Community in einem Co-Working Space Leute fasziniert und motiviert und sich positiv auf Innovationen auswirkt, weil Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten gemeinsam und temporär an Projekten arbeiten".

Die Betreiber stellen mehr als nur Raum zur Verfügung, sie sorgen für die Infrastruktur im weitesten Sinne - vom Schreibtisch über Wlan, Drucker, Kaffeetassen bis hin zur Reinigung. Die meisten Spaces sind rund um die Uhr geöffnet, flexibel buchbar und daher häufig preiswerter als Räume mit langfristigen Mietverträgen. "Den Nutzern geht es vor allem um die Community", erläutert Stiefel. Der Zugang zu solchen Netzwerken sei für Freiberufler und Start-ups alles andere als selbstverständlich.

Das Phänomen ist älter als das Wort. Es lässt sich nur schwer bestimmen, wann und wo die ersten Co-Working Spaces entstanden sind. Schon im Herbst 1995 trafen sich Hacker in Berlin-Mitte in der C-Base. 2002 schlossen Stefan Leitner-Sidl und Michael Pöll in einem alten Industriebau in Wien ihre "Schraubenfabrik" auf, damals noch als Unternehmerzentrum. 2005 eröffnet in San Francisco "Spiral Muse", die Betreiber treten von Anfang an als Co-Working Space auf. Nach Schätzungen des Online-Magazins Deskmag wird die Zahl der Co-Working Spaces bis Ende 2018 in Deutschland auf 540 steigen mit 40 000 Mitgliedern, Ende 2017 lag sie bei 460 Flächen mit 31 000 Mitgliedern. Weltweit rechnet Deskmag bis Jahresende mit 18 900 Spaces und 1,69 Millionen Mitgliedern.

"Co-Working Space ist ein Buzz-Wort geworden", klagt Christian Cordes, Chef des Bundesverbandes Coworking Deutschland: "Viele nutzen es, haben sich aber von der ursprünglichen Idee weit entfernt." Co-Working Space ist zum Schlagwort für alle Arten flexibler Arbeitsplätze geworden. Solche bietet zum Beispiel auch Regus, ein Betreiber von Business-Centern, sagt Helge Zahrnt, Immobilienmarktanalyst beim Gewerbemakler Jones Lang LaSalle.

Das Geschäftsmodell von Firmen wie We Work, Mindspace oder Rent 24 sei hybrid, weil sie neben frei zugänglichen, flexiblen Arbeitsplätzen in offenen Räumen, also Co-Working Spaces im ursprünglichen Sinne, auch Büros oder ganze Etagen an einzelne Kunden, etwa an Konzerne vermieten. "Der Co-Working-Markt wächst", so Zahrnt. Allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München, den "Big-Five-Büromärkten", sprang der Flächenumsatz durch Anbieter flexibler Arbeitsplätze von 52 000 Quadratmetern im Vorjahr auf 225 000 im Jahr 2017. Das sind sechs Prozent des gesamten Flächenumsatzes mit Büros.

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