Klima:Diese Frau erklärt, wie die schwedische CO₂-Steuer funktioniert

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Die Schwedin Magdalena Andersson ist seit 2014 Finanzministerin des Landes und als solche auch für die CO₂-Steuer zuständig. (Foto: Jonathan Nackstrand/AFP)
  • Magdalena Andersson ist seit 2014 die Finanzministerin Schwedens. Sie sagt: "Die CO₂-Steuer wirkt."
  • Obwohl die Abgabe nicht gerade beliebt sei, habe man sie mittlerweile auf 111 Euro je Tonne erhöht. Die Effekte geben der Regierung recht.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Ach, so einfach geht das? Der ewige Streit um Klimaschutz in Deutschland mutet geradezu grotesk an, wenn man der Schwedin zuhört. Nein, nicht Greta Thunberg, sondern Magdalena Andersson. "Wir haben schon 1991 eine Steuer auf Kohlendioxid eingeführt; damals waren es 24 Euro je Tonne. Seither haben wir sie in vielen kleinen Schritten erhöht, sie liegt jetzt bei 111 Euro je Tonne."

Andersson ist am Mittwoch in Berlin, eingeladen von Olaf Scholz, dem sozialdemokratischen Finanzminister. Für die SPD ist die 52 Jahre alte Sozialdemokratin eine perfekte Verbündete: Sie ist seit 2014 auch Finanzministerin ihres Landes. Und als solche hat sie maßgeblichen Anteil daran, dass man in Schweden nicht erst seit der Umweltaktivistin Greta den Klimaschutz ernst nimmt. "Die CO₂-Steuer hat zu einem massiven Umdenken geführt", sagt Andersson im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Immer weniger Menschen haben mit Heizöl geheizt. Die Fernwärme- und Warmwasserversorgung ist regelrecht explodiert. Oft wird die Wärme der lokalen Müllverbrennung zum Heizen verwendet. Und es gibt mehr Erdwärmeheizungen, auch Solarenergie wird populärer." Die Bilanz klingt gut. "Die CO₂-Steuer wirkt. Aber sie ist nicht unbedingt beliebt, vor allem nicht bei Autofahrern", sagt sie.

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Ganz selbstverständlich weist Andersson darauf hin, dass man in Schweden dafür sorgt, dass der Preis für CO₂ an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst wird. "Die Steuer steigt jedes Jahr um die Inflation und wird regelmäßig dem Wirtschaftswachstum angepasst", sagt sie. "Ansonsten würde ja die Lenkungswirkung verloren gehen, wenn die Volkswirtschaft wächst und die Einkommen steigen." In den kommenden vier Jahren will die Regierung noch einmal massiv das Umdenken fördern. "Wir werden die Steuern auf Emissionen weiter erhöhen und zugleich die Steuern auf Einkommen für Personen und Betriebe reduzieren - eine Verlagerung auf grüne Steuern im Volumen von 1,5 Milliarden Euro jährlich."

Die CO₂-Steuer wird auf fossile Energien, Heizen und Warmwasser erhoben. Bis 2006 hatten schwedische Regierungen die Ausgaben über eine reduzierte Steuer auf Einkommen aller Art ausgeglichen. Das soll wieder eingeführt werden. Das klingt so ähnlich wie die Idee der SPD, auch hierzulande eine CO₂-Steuer einzuführen - und die Ausgaben zu kompensieren.

"Entscheidend ist immer die effektive Besteuerung"

Insgesamt, findet Anderssson, müsse sich jede Regierung fragen, wozu sie Steuern brauche und wie sie diese erhebe. "Moderne Steuersysteme sollten eine breite Steuerbasis haben, wenige Ausnahmen zulassen, Steuerschlupflöcher gestopft haben und niedrige Steuertarife anbieten", sagt Andersson. Genau daran arbeite sie derzeit in Stockholm. Es mache beispielsweise keinen Sinn, eine Minimalsteuer für Unternehmen fix festzulegen, dann aber viele Ausnahmen einzuführen. "Entscheidend ist immer die effektive Besteuerung."

Schweden ist eines der EU-Länder, die die von der EU-Kommission vorgeschlagene Digitalsteuer blockiert haben. "Allein in Europa voranzugehen, ist der falsche Weg", sagt Andersson in Berlin. Die Besteuerung der Digitalkonzerne sei ein internationales Problem. Es müsse von der Organisation der Industriestaaten (OECD) gelöst werden. "Wir müssen sehr sorgfältig die Auswirkungen in der internationalen Steuerarchitektur bedenken." Natürlich sollten Facebook & Co. mehr Steuern bezahlen, "aber nicht notwenigerweise in Deutschland oder Frankreich, sondern in den USA".

Das sieht auch der Bundesfinanzminister so. Am Mittwoch warb Scholz in Berlin noch einmal eindringlich für das deutsch-französische Konzept, international eine Mindestbesteuerung von Unternehmen einzuführen.

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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