Süddeutsche Zeitung

Nach Corona:Sie wollen wieder tanzen

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Nach 16 Monaten Abstinenz gibt es wieder ein Nachtleben in Deutschland. Wie geht es den Clubbesitzern nun finanziell?

Von Paulina Würminghausen

Sich nach stundenlangem Anstehen in einen dunklen Club quetschen, wo der Bass dröhnt und man sich ins Ohr schreien muss: Endlich ist das wieder möglich, nach 16 Monaten Abstinenz. Feiern, Tanzen, Menschen kennenlernen ist gerade für viele junge Menschen unverzichtbar. Sie sehnen sich nach Nächten, die sie endlich wieder durchtanzen können. Das zeigen die langen Schlangen vor den Clubs: Bis zu sieben Stunden muss man zurzeit vor dem Berghain anstehen, einem bekannten Berliner Techno-Club. Die Feierwütigen brauchen Durchhaltevermögen.

Doch kann dieser Andrang die 16 Monate auffangen? Lutz Leichsenring ist da, zumindest was Berlin angeht, optimistisch. "Es gibt wieder eine Aufbruchstimmung in der Szene", sagt der Vorstand der Berliner Clubcommission, einem Verband, in dem sich Clubbetreiber zusammen geschlossen haben. Noch kein Club in Berlin, der Feiermetropole schlechthin, habe coronabedingt schließen müssen oder wollen. Zwar würde noch sehr viel Personal fehlen, da viele Menschen in andere Branchen gewechselt haben, aber auch das würde sich Leichsenring zufolge bald einpendeln.

Nicht alle sehen das so locker: "Der Personalmangel ist ein riesengroßes Problem. Viele Minijobber sind abgewandert und auch die ausgebildeten Fachkräfte sind weg", sagt Knut Walsleben vom Discothekenfachverband der Dehoga. Klar, als Barkeeperin oder Kellner die ganze Nacht arbeiten, während andere feiern, ist nicht gerade der entspannteste Job. Vor allem, wenn dann noch die Bezahlung, nun ja, dürftig ist. Um überhaupt noch Kellner, Türsteher und Co. zu finden, müssen die Betreiber die Löhne aufstocken.

All das haut ordentlich rein, Walsleben weiß, wovon er spricht: Er hat auch einen Club bei Hamburg, er hat selbst all diese Probleme. "Die Stimmung kann noch so gut sein, aber wenn man das finanziell nicht mitnehmen kann, dann bringt die hohe Nachfrage nichts", sagt Walsleben. Diese ganzen Probleme werden sich nicht sofort bemerkbar machen, vermutet er. Viele Clubbetreiber hangeln sich gerade so von Monat zu Monat, erst in einem halben Jahr werden viele "in der Realität angekommen sein." Erstmal können die Menschen also vermutlich noch die Nächte in ihren Lieblingsclubs durchtanzen. Das sei vor allem für junge Menschen sehr wichtig: Der Club sei viel mehr als nur ein Ort, an dem man nachts einfach nur ein paar Stunden tanzt. "Er ist ein Ort, wo man Freunde kennenlernt, seinen späteren Partner, wo man einfach mal abschalten kann", sagt Walsleben.

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