Citigroup: Vorwürfe von Ex-Manager:Ein Schrei verhallt im Nirgendwo

Sie haben gezockt bis zum Beinahe-Kollaps - und dabei offenbar Warnungen aus den eigenen Reihen ignoriert: Ein Ex-Citigroup-Manager erhebt Vorwürfe gegen seine Chefs.

Hätte der Beinahe-Kollaps der Citigroup rechtzeitig verhindert werden können? In den USA werden schwere Vorwürfe gegen das ehemalige Top-Management der ehemals weltgrößten Bank laut. Ein Ex-Manager wirft der damaligen Führungsriege vor, Missstände im eigenen Haus nicht beseitigt zu haben.

Wiederholt habe er warnende E-Mails an das Management der Bank geschrieben, sagte der ehemalige Angestellte Richard Bowen vor dem US-Untersuchungsausschuss zu den Ursachen der Finanzkrise. Auch der einstige amerikanische Finanzminister Robert Rubin sei von ihm gewarnt worden.

Bowens Aussagen vor der Kommission zeichneten von der Citigroup das Bild einer Bank, die sich wenig darum gekümmert hat, dass Kreditgeschäfte nicht den hauseigenen Standards entsprachen.

Geschäfte mit gravierenden Folgen

Bowen war bei der Citigroup dafür verantwortlich, eben jene hauseigenen Standards beim Ankauf von Krediten zu überwachen.

Das Geschäft funktionierte folgendermaßen: Die Großbank kaufte Hypothekenkredite auf, die von anderen Instituten ausgegeben worden waren. Diese verkaufte die Citigroup dann an Investoren weiter.

Der ehemalige Manager Bowen sagte, Mitte 2006 habe er entdeckt, dass rund 60 Prozent der angekauften Kredite nicht den Vorgaben entsprochen hätten, die die Citigroup eigentlich für diese Produkte aufgestellt habe.

Im Jahr 2007 - dem Jahr des Beginns der weltweiten Finanzkrise - sei diese Quote sogar auf 80 Prozent angewachsen. Er habe die Führung der Bank darauf wiederholt hingewiesen. Die Citigroup habe aber weiterhin diese Problem-Kredite verkauft.

Die Folgen waren gravierend. Im Zuge der Finanzkrise hat die Citigroup mehr als 100 Milliarden Dollar an Kredit-Verlusten und Abschreibungen hinnehmen. Über die Gründe für das Finanz-Desaster herrscht ein wilder Streit. Während Bowen das Management der Citigroup für den Niedergang verantwortlich macht, sieht die Führungsriege die Ursachen in den wirtschaftlichen Ereignissen, die sie so nicht hätten vorhersehen können.

"Natürlich haben wir Fehler gemacht"

Wer die Schuld an der Finanzmarktkrise trägt, wird derzeit vom Untersuchungsausschuss erörtert. Alan Greenspan, der ehemalige US-Notenbankchef, sieht auch den Kongress in der Verantwortung. Dieser habe die Federal Reserve über das vergangene Jahrzehnt dazu gedrängt, eine steigende Kreditvergabe an ärmere Bürger sicherzustellen.

Wenn die Notenbank in dieser Situation vor einer Blase am Immobilienmarkt gewarnt und für ein Umlenken plädiert hätte, wäre sie dabei nur auf Unverständnis gestoßen, sagte Greenspan bei einer Befragung. "Es besteht die Annahme, dass die Federal Reserve eine unabhängige Behörde ist und das ist sie auch bis zu einem gewissen Punkt, aber wir sind ein Geschöpf des Kongresses", sagte der 84-Jährige.

Greenspan war zwei Jahrzehnte lang Chef der Fed. Seine Kritiker geben ihm und seiner lange Zeit extrem lockeren Geldpolitik eine Mitschuld an dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise. "Haben wir Fehler gemacht? Natürlich haben wir Fehler gemacht", sagte Greenspan bei der Anhörung. Manager von Finanzinstituten und Regulierer wie die Fed hätten das Ausmaß und die möglichen Auswirkungen unterschätzt.

Mit den Folgen muss nun sein Nachfolger als Fed-Chef, Ben Bernanke, zurechtkommen. Und dieser glaubt, dass sich die US-Wirtschaft noch lange nicht aus der Krise gelöst hat. Viele Amerikaner kämpften immer noch mit Arbeitslosigkeit und Zwangsvollstreckungen, sagte der Fed-Chef bei der regionalen Handelskammer. "Wir sind noch lange nicht über den Berg." Besonders die anhaltende Schwäche am Häusermarkt könne den wirtschaftlichen Aufschwung gefährden.

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