Christian Lindner im Video:"Wir waren natürlich ein Stück weit Aliens"

Christian Lindner im Video: Christopher Peterka, heute und vor 20 Jahren

Christopher Peterka, heute und vor 20 Jahren

(Foto: privat / Youtube)

Ein Video aus Schulzeiten von FDP-Chef Christian Lindner sorgt im Internet für einigen Furor. Mit dabei ist sein Kumpel Christopher Peterka, allerdings verpixelt. Er sagt, wie es damals wirklich war.

Interview von Hans von der Hagen

SZ: Millionen Deutsche haben mittlerweile das Video über Christian Lindner als jungen Unternehmer gesehen. Sie waren dabei, aber verpixelt. Hatten Sie darauf bestanden?

Christopher Peterka: Nein, das wurde ohne meine Mitwirkung entschieden. Christian ist einfach der deutlich Attraktivere von uns beiden, vielleicht wollte man die Quote nicht riskieren.

Sie fuhren im Daimler auf einen Schulhof, Lindner trug Krawatte. Hatte das Fernsehteam auf diese Inszenierung bestanden?

Na ja, Sie sehen ja selbst, welches Format das damals war - dokumentarisch korrekt hätte das sicher anders ausgesehen.

Wie denn?

Christian fuhr seinerzeit meiner Erinnerung nach zum Beispiel BMW und nicht Benz. Einen Hang zur Krawatte hatte er damals allerdings schon. Ist doch schön zu sehen, dass er heute in der Auswahl der Motive deutlich stilsicherer ist. (Anm. d. Red.: Im Video trug Lindner eine Krawatte mit Kuhmuster)

Und wo kam dann der Benz her?

Das Fahrzeug hatte uns ein Freund von Christians Familie geliehen.

Immerhin einen eigenen Firmensitz hatten Sie schon.

Das waren damals unsere Kinderzimmer. Aufgerüstet mit Mamas Fax und Papas PC ging damals schon einiges. Heute würden wir wahrscheinlich alles einfach aus der Cloud mieten.

Wurden Sie von Ihren Mitschülern für solche Auftritte gehasst?

Wir waren natürlich ein Stück weit Aliens. Viele hat es irritiert, was wir da gemacht haben. Es war ja auch eher üblich, in dem Alter Getränkeregale im Supermarkt einzuräumen oder in der Tankstelle auszuhelfen.

Als Statisten haben Ihre Mitschüler dann aber trotzdem bereitwillig gedient, als Sie sie für den Videodreh brauchten?

Auch als sogenannte Jungunternehmer hatten wir doch noch ein bisschen Freizeit übrig, die wir mit unseren Freunden - meist Mitschülern - verbracht haben. Und die haben dann tatsächlich auch gerne geholfen, als es dem Kamerateam darum ging, den Schulalltag nachzustellen.

Haben sich frühere Mitschüler jetzt wieder bei Ihnen gemeldet?

Nein, aber ein Klient, der wissen wollte, ob ich den Koffer aus dem Film noch hätte - der habe ihm besonders gut gefallen.

Anders als Lindner trugen Sie keine Krawatte. Waren Sie eher der Business Punk?

Wenn Sie eine solche Rollenzuschreibung auf einen der beiden damaligen Partner anwenden wollen: ja. Was da allerdings nicht ins Bild passt: Ich war bis etwa 2008 sogar noch Mitglied der CDU.

"Wir haben unsere Briefe ja nicht mit Wachsmalkreide geschrieben"

Und dass Sie beide noch Schüler waren, hat Ihre Kunden nicht gestört?

Wir haben unsere Briefe ja nicht mit Wachsmalkreide geschrieben, sondern seriös. Hinzu kam, dass schon früh ein Bericht im Magazin der Industrie- und Handelskammer erschien. Das half uns sehr. Wir hatten dann vor allem Kunden im Bergischen Land und dem Kölner Umland.

Was konnten Sie denen bieten?

Unsere Ansprechpartner suchten ganz gezielt nach frischem Wind. Heute würde man vielleicht von "Out-of-the-Box-Denken" oder sogar "Disruption" sprechen.

Lindner sagt in dem Beitrag, dass Ihre Kompetenz "nicht akademisch domestiziert" gewesen sei. Was heißt das?

Wir haben einfach kreativ und quer gedacht, ohne vorher die in Studienplänen vorgesehenen Modelle erlernt zu haben. Wir konnten viele Projekte für unsere damaligen Kunden realisieren, die aus klassischen Beratungen vielleicht gar nicht vorgeschlagen worden wären.

Was zum Beispiel?

Wir haben in Leverkusen eine der ersten Hybridfilialen Deutschlands initiiert, eine Mischung aus Bank, Handyladen und Café. Oder wir haben auf Weihnachtsmärkten Osterhasen für Guerilla-Marketing-Kampagnen eingesetzt.

In dem Video fallen Sätze wie "Probleme sind nur dornige Chancen". Kamen die aus einem Handbuch für Jungunternehmer?

Christian ist sprachlich sehr begabt, das dürfte in den letzten Jahren ja schon deutlich geworden sein. Hinzu kam, dass er sich sehr für die Geschichte der Philosophie interessierte und durch die entsprechende Literatur schon damals einen bemerkenswerten Ideen- und Vokabelschatz aufgebaut hatte.

Was haben Sie damals verdient?

Ich kann mich nicht an die genaue Zahlen erinnern. Es war allerdings genug, um anschließend mit den Gewinnen in zwei weitere Gründungen zu investieren, die ich mit Christian hatte.

Was waren das für Ideen?

Wir haben uns mit einer Art Strombörse beschäftigt. Das ging allerdings nicht über eine Machbarkeitsstudie hinaus. Es schien uns seinerzeit wirtschaftlich nicht attraktiv genug. Auch haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie Maschinensysteme einfacher durch Menschen gesteuert werden könnten. Mit der Firma Moomax hatten wir die Idee, Softwareprogramme zu entwickeln, mit denen Menschen einfach sprechen könnten, um etwa ein Taxi oder eine Pizza zu bestellen. Heute kennen wir das als "Siri", "Cortana", "Google Assistant" oder "Alexa". Wir waren 20 Jahre zu früh dran.

Für Moomax lieh Ihnen jemand einen Millionenbetrag. Wer war das?

Eine deutsche Investmentgesellschaft, die sich auf Risikokapitalvergabe spezialisiert hatte. Die hat dann erlebt, was bis heute auf dem Markt solcher Investitionen gilt: Nur eine von zehn Investitionen zahlt sich aus. Unsere Geschäftsidee fand ihren Markt damals nicht. Heute verdienen Apple, Microsoft und Co. sehr gut an solchen Systemen.

Und was machen Sie heute?

Ich bin Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma Gannaca in Köln. Mit meinen Kollegen und Partnern erforschen wir die sogenannte Digitale Transformation und beraten Organisationen dazu.

Haben Sie noch Kontakt mit Herrn Lindner?

Wir pflegen unsere Freundschaft regelmäßig.

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