Wenige Minuten nachdem die neuen Zölle der USA auf chinesische Produkte in Kraft getreten sind, folgte am Dienstagmittag chinesischer Zeit schon der Gegenschlag aus Peking: ein eigenes Zollpaket, das unter anderem US-amerikanische Öl- und Gasimporte teurer macht. Es ist eine Reaktion, die zeigen soll, dass China sich von US-Präsident Donald Trump und dessen Zollplänen nicht einschüchtern lässt. Sie zeigt aber auch, dass die Volksrepublik einen zweiten Handelskrieg mit den USA offenbar vermeiden will.
Beide Seiten haben Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ein kurzfristiger Kompromiss wie mit Kanada und Mexiko könnte jedoch am Selbstverständnis der USA und China scheitern. Schon lange stört sich Trump an den riesigen Handelsdefiziten, die die USA mit Ländern wie China oder Mexiko unterhält. Er will Zölle als Werkzeug nutzen, um diese Defizite zu schrumpfen.
Vom 10. Februar an sollen Kohle- und Gasimporte aus den USA in China mit Abgaben in Höhe von 15 Prozent und Rohöl, landwirtschaftliche Maschinen und Pick-up-Trucks mit zehn Prozent Strafzoll bedacht werden. Das gab das Handelsministerium der Volksrepublik China am Dienstag bekannt. Daneben hat das Ministerium angekündigt, die Ausfuhr verschiedener kritischer Rohstoffe wie des Schwermetalls Wolfram an die USA künftig stärker zu kontrollieren.
Dass Pekings Wahl ausgerechnet auf Kohle, Rohöl und Flüssiggas fällt, ist kein Zufall. Im vergangenen Jahr deckte China gerade einmal 1,7 Prozent seines Rohöl-Bedarfs mit Lieferungen aus den USA. Ähnliches gilt für US-amerikanisches Flüssigerdgas, das fünf Prozent des chinesischen Bedarfs deckte. China ist nicht auf diese Importe aus den USA angewiesen. Ist von Trumps jüngsten Zöllen gegenüber China ein Exportvolumen von etwa 450 Milliarden Dollar betroffen, sind es bei den chinesischen Maßnahmen Schätzungen zufolge nur wenig mehr als 20 Milliarden Dollar. Insofern lassen sich die Maßnahmen der chinesischen Regierung fast schon als zurückhaltend bezeichnen.
Der erste Handelskrieg vernichtete Hunderte Milliarden Dollar
Dafür gibt es gute Gründe. China hat im letzten Handelskrieg mit den USA während Trumps erster Amtszeit dazugelernt. Damals hatten sich die USA und China gegenseitig mit immer neuen Zöllen überzogen. Im Ergebnis vernichtete dieser Konflikt Hunderte Milliarden Dollar, ohne einen wirklichen Sieger hervorzubringen. Diesmal möchte China eine Eskalation vermeiden. Trotzdem sah sich die Regierung in Peking zum Handeln genötigt. Denn der Volksrepublik ist ihr Ruf im In- und Ausland als starke Nation mindestens ebenso wichtig wie Donald Trump sein Image als starker Mann.
Seit Jahren geriert sich die Kommunistische Partei Chinas besonders vor der eigenen Bevölkerung als mächtiger und solider Akteur auf der Weltbühne, der genug Schlagkraft mitbringt, um sich selbst mit den USA anzulegen. Ein zu schneller Kompromiss mit den USA, wie ihn Mexiko und Kanada gefunden haben, wäre ein gewaltiger Imageschaden für die Regierung in Peking. Also einigte man sich in China auf Zölle in nahezu homöopathischer Dosis, um eine Botschaft an die USA und auch die eigene Bevölkerung zu senden: China kann und wird sich wehren. Aber nicht eskalieren.
Viel spannender als die Zölle ist aber Pekings Ankündigung, die Ausfuhr verschiedener chinesischer Rohstoffe in Zukunft stärker zu kontrollieren. Dieser Schritt ist nichts anderes als eine Drohung in Richtung der USA. Denn China verfügt bei der Förderung und Weiterverarbeitung vieler Rohstoffe für den Hightech-Sektor über ein Quasi-Monopol. Bereits im Dezember 2024 verhängte China ein Export-Verbot für die Technologiemetalle Gallium und Antimon an die USA. Indem China explizit darauf hinweist, dass es die Ausfuhr weiterer kritischer Rohstoffe künftig genau im Auge behalten möchte, gibt die Volksrepublik den USA zu verstehen: Wir schrecken nicht davor zurück, euch auch von anderen Rohstoffen abzuschneiden. Dies würde die USA ungleich härter treffen als die bislang von China verhängten Zölle.
Die Regierung hat ein Kartellverfahren für Google angekündigt
Im Zuge der Zollstreitigkeiten gerät auch Google ins Visier der chinesischen Regierung. Die staatliche Regulierungsbehörde hat angekündigt, das US-amerikanische Technologieunternehmen einem Kartellverfahren zu unterziehen. Das Kuriose: Google ist auf dem chinesischen Festland kaum vertreten. Der US-Konzern arbeitet dort lediglich mit einigen chinesischen Werbeanbietern zusammen. Bedenkt man den Zeitpunkt dieser Bekanntgabe, steht zumindest der Verdacht einer politischen Motivation dieser Untersuchungen im Raum.
Trotz alledem haben China und die USA Gesprächsbereitschaft signalisiert, um eine Eskalation der Zollstreitigkeiten abzuwenden. Donald Trump hat schon angekündigt, in Kürze persönlich mit Chinas Präsident Xi Jinping telefonieren und verhandeln zu wollen. Im Zuge dieser Verhandlungen wird China die ihm gebotene Bühne nutzen, um als rationaler und verlässlicher Gegenentwurf zu Donald Trumps USA zu erscheinen. China macht keinen Hehl daraus, die USA als globale Großmacht abzulösen zu wollen. Die Zollstreitigkeiten beider Länder liefern der Volksrepublik die ideale Möglichkeit, sich als solche in Szene zu setzen.