China:Prunklos reisen

China: Gegen Luftverschmutzung und Protz: Für teure Autos gilt eine Sonderabgabe.

Gegen Luftverschmutzung und Protz: Für teure Autos gilt eine Sonderabgabe.

(Foto: Greg Baker/AFP)

Mit einer neuen Sondersteuer kämpft die Regierung gegen Luxusfahrzeuge. Und mit neuen Regeln für die Beamten.

Von Christoph Giesen, Peking

Offiziell ist es eine Steuer für den Umweltschutz: Im Kampf gegen Luftverschmutzung, aber auch gegen den Protz, erhebt China künftig eine Sonderabgabe von zehn Prozent auf Luxusautos. Dadurch solle die Verschwendung von Geld eingedämmt und die Luftqualität verbessert werden, teilte das Finanzministerium in Peking mit. Die Steuer gilt seit Donnerstag. Bezahlen muss den Aufschlag jeder, der ein Fahrzeug für umgerechnet etwa 180 000 Euro in der Volksrepublik kauft. Davon betroffen sein dürften unter anderem die Luxusmodelle der Autohersteller BMW, Daimler und Audi, die das Premiumsegment in China dominieren sowie Sportwagen von Ferrari oder Aston Martin.

Werden die zehn Prozent Aufschlag Chinas Reiche vom Kauf eines neuen Edelautos abhalten? Wohl kaum. Bereits vor der Steuererhöhung kosteten importierte Autos in China deutlich mehr als in Europa oder den Vereinigten Staaten. Wer ein Luxusfahrzeug aus dem Ausland kaufen möchte, muss einen Einfuhrzoll von 35 Prozent bezahlen. Rechnet man mehrere Steuern hinzu, dann ist die Volksrepublik einer der teuersten Automärkte der Welt. Das Geld dafür ist aber da. Peking zum Beispiel ist inzwischen die Stadt, in der die meisten Dollar-Milliardäre weltweit leben, mehr als in New York, London oder Paris.

Bezogen auf die Absatzzahlen ist diese neue Sondersteuer dennoch irrelevant. Analysten schätzen, dass allenfalls ein Prozent des Umsatzes betroffen ist. So verkaufte Rolls-Royce im vergangenen Jahr in der Volksrepublik genau 517 Stück. Lamborghini lag zuletzt bei 133 Zulassungen. "Der Großteil unseres Geschäftes wird nicht betroffen sein", sagt deshalb auch ein Sprecher einer BMW-Niederlassung in Peking. Nur "ein kleiner Teil" der Autos, die BMW in China verkaufe, koste mehr als 180 000 Euro.

Interessanter ist vielmehr die zeitliche Koinzidenz der neuen Steuer, denn nur wenig später verbreitete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag die neuen Regeln für Chinas Beamten. Demnach sollen die Kader künftig "prunklos reisen, die Auswirkungen für das öffentliche Leben dabei möglichst gering halten und Fahrzeuge benutzen, die dem üblichen Standard entsprechen". Also Volkswagen statt Bentley. So steht es jetzt im offiziellen Kodex.

Die chinesische Führung, allen voran Staatschef Xi Jinping, geht seit einigen Jahren gegen allzu großen Protz der Reichen und seiner Beamten vor. Auf den Verkauf von Luxusgütern wie Spirituosen und teure Handtaschen hat sich das bereits ausgewirkt. Auch die einst unter den Genossen so beliebten Bankette sind in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen. Etliche Restaurants, die auf Orgien aller Art spezialisiert gewesen waren, mussten Konkurs anmelden. Nun werden teure Autos zumindest ein wenig geächtet. Es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass der kommunistischen Führung die Zurschaustellung von Reichtum ein Dorn im Auge ist.

Wie gefährlich teure Sportwagen sein können, wissen Chinas Spitzengenossen spätestens seit 2012. Vor viereinhalb Jahren verunglückte der Sohn von Ling Jihua, einem der engsten Vertrauten des damaligen Ex-Parteichefs Hu Jintao, mit seinem Ferrari in Peking. Der junge Mann war auf der Stelle tot. Sein Vater wurde später wegen Korruption aus der Partei ausgeschlossen und im Sommer dieses Jahres zu lebenslanger Haft verurteilt. Den Fall kennt jeder in China.

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