China:Chinas Lockdowns und der Krieg belasten den Welthandel schwer

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Abgesperrt wegen Corona: Fußgänger vor dem Shanghaier Finanzdistrikt auf dem Weg zu einem stadtweiten Covid-Test. (Foto: Liu Jin/AFP)

Das Bundeswirtschaftsministerium warnt vor "verschärften Lieferengpässen" und einer "weiteren Verlangsamung des Welthandels".

China setzt seit Beginn der Pandemie auf eine drastische Null-Covid-Strategie. Das bedeutet: Wo auch immer sich das Virus verbreitet, versucht die Regierung in Peking, mit streng kontrollierten Schließungen und Lockdowns dagegen zu halten. Häfen, Fabriken, ganze Städte - alles kann zugesperrt werden. Diese Maßnahmen bleiben nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums nicht ohne Folgen für die deutsche Wirtschaft. "Zwar gab es in Shanghai zuletzt weitreichende Lockerungen", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Monatsbericht. "Sollte es aber erneut zu Lockdowns solcher Größenordnungen in China kommen, dann wären verschärfte Lieferengpässe und eine weitere Verlangsamung des Welthandels nicht auszuschließen."

Das dürfte auch hierzulande zu spüren sein, denn China ist der mit Abstand wichtigste deutsche Handelspartner. "Trotz der Lockerungen in Shanghai von Ende Mai könnte es mit Verzögerung noch zu Engpässen in Deutschland kommen", warnte daher das Ministerium.

Im April waren die deutschen Importe aus China noch stark gestiegen: Die Einfuhren wuchsen um 52,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 16,7 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Exporte nach China gingen dagegen leicht zurück, und zwar um 1,5 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. "Der deutsche Außenhandel hat sich im April 2022 noch weitgehend unbeeinflusst von den Corona-Lockdowns in der Volksrepublik China und den damit verbundenen Störungen im Frachtverkehr gezeigt", so das Fazit der Statistiker. Der starke Anstieg der deutschen Importe aus China sei besonders auf die höhere Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen zurückzuführen. Hier haben sich die Einfuhren im April mit 4,4 Milliarden Euro fast versechsfacht. So seien verstärkt Rohstoffe für die Medikamenten-Herstellung in China eingekauft worden. Die Importe von Datenverarbeitungsgeräten legten um 20,4 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro zu, bei elektrischen Ausrüstungen gab es ein Plus von 27,1 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro.

Chinas Null-Covid-Strategie und der Krieg in der Ukraine bleiben weiter eine Belastung

Ein weiteres großes Risiko für die Konjunktur: der russische Krieg gegen die Ukraine. "Die deutsche Wirtschaft hat sich nach dem Kriegs-Schock vorerst stabilisiert", schrieb das Ministerium zwar. "Dennoch ist die Unsicherheit seit Kriegsbeginn nach wie vor hoch." Dies zeige sich vor allem in den rückläufigen Auftragseingängen der Industrie. Aber auch die Einzelhandelsumsätze hätten sich zuletzt deutlich verringert. "Die hohe Inflation zehrt an der Kaufkraft und dämpft die Konsumstimmung, auch wenn sich die Rücknahme von Corona-Beschränkungen in den konsumnahen Dienstleistungsbereichen - für sich genommen - positiv auswirkte", so das Ministerium.

China und Covid, der Krieg in der Ukraine - die Unsicherheiten sind groß, und vor allem die deutsche Logistik-Branche schaut skeptisch auf die nächsten Monate. "In der deutschen Logistikwirtschaft kippte die Stimmung ins Negative", erklärte das Münchner Ifo-Institut zu seiner am Montag veröffentlichten Firmen-Umfrage für das zweite Quartal. Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate trübten sich deutlich ein, erklärte die Bundesvereinigung Logistik (BVL). Eine mögliche separate Blockbildung von USA, Europa und China berge Risiken im weltweiten Austausch von Gütern und Dienstleistungen. "Eine scharfkantige Abgrenzung politischer Systeme hat ernsthafte Konsequenzen, insbesondere bei kritischen Abhängigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten", sagte der BVL-Vorstandsvorsitzende Thomas Wimmer. In den Bereichen Einkauf, Produktion und Logistik höre man nun neue Leitsätze wie "Flexibilität geht vor Kosten", oder: "Verfügbarkeit ist die neue Währung", sagt Wimmer. Oder, in anderen Worten: Was gestern noch als unökonomisch galt, gelte "heute als wirtschaftlich sinnvoll".

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