Die EU will chinesischen Staatskonzernen Übernahmen in Europa oder die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen erschweren. An diesem Mittwoch wird die Kommission einen entsprechenden Verordnungsvorschlag verabschieden. Ein 63-seitiger Entwurf des EU-Gesetzes liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Der Rechtsakt würde es der Brüsseler Behörde erlauben, Firmen Zukäufe zu verbieten oder sie von Ausschreibungen auszuschließen, wenn die Konzerne Subventionen von außerhalb der EU erhalten.
Das Dokument erwähnt China nur in Erläuterungen und Fußnoten, aber es ist klar, dass chinesische Konzerne zu den wichtigsten Adressaten dieser "Verordnung über ausländische Subventionen, die den Binnenmarkt verzerren" gehören. In der EU wächst die Sorge, dass chinesische Unternehmen, die von üppigen Beihilfen Pekings profitieren, in Europa Spitzentechnologie aufkaufen oder hiesigen Rivalen unfaire Konkurrenz machen. In Deutschland provozierte etwa die Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch Chinesen viel Kritik.
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Die für Wettbewerb zuständige Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager unternimmt den Vorstoß zu einem heiklen Zeitpunkt, denn die Beziehungen zu Peking sind ohnehin angespannt. Die EU verhängte im März Sanktionen gegen chinesische Funktionäre wegen der Unterdrückung der Uiguren; China antwortete mit Strafmaßnahmen gegen Europäer, darunter der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer. Dabei hatten sich Brüssel und Peking erst im Dezember auf ein Investitionsabkommen geeinigt - dessen Billigung durch das EU-Parlament nun fraglich ist.
Der Verordnungsvorschlag passt aber zum Vorsatz der Kommission, im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsblöcken selbstbewusster aufzutreten und die eigenen Interessen besser zu schützen. Diesen Geist atmet auch die aktualisierte Industriestrategie, welche die Behörde ebenfalls am Mittwoch verabschieden wird.
Gefahr durch Chinas Staatskapitalismus
In der Begründung des Vorschlags heißt es, die neue Verordnung schließe eine Gesetzeslücke. Bislang dürfen die Wettbewerbshüter der Kommission nur einschreiten, wenn es EU-Regierungen sind, die ihren Firmen Beihilfen zahlen und damit den Binnenmarkt verzerren. Subventionen nichteuropäischer Regierungen können jedoch ebenfalls zu unfairen Vorteilen führen - zum Beispiel dann, wenn chinesische Staatskonzerne Tochtergesellschaften in der EU unterstützen und diese dank des Geldes Konkurrenten vor Ort unterbieten. Oder die Konzerne aus Übersee kaufen Betriebe in Europa auf und stechen alle Mitbieter aus, weil sie wegen des Staatsgeldes überhöhte Preise zahlen können.
In 18 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, existieren zwar schon nationale Regeln, mit denen die Regierungen die Übernahme strategisch wichtiger Firmen verhindern können. Aber die EU-Verordnung würde solche Prüfungen ergänzen, denn sie zielt nicht auf die Wichtigkeit des Betriebs ab, sondern soll verhindern, dass Subventionen Bieterwettbewerbe verzerren.
"Die Zahl der Fälle wächst, in denen ausländische Subventionen die Übernahme von EU-Firmen offenbar erleichtert" oder sich anderweitig "zum Nachteil fairen Wettbewerbs" ausgewirkt hätten, schreibt die Kommission in der Begründung. Es liege "ein wachsendes Risiko" für Marktverzerrungen vor. Die Behörde verweist auch auf ein Gutachten der deutschen Monopolkommission, in dem dieses Beratungsgremium ebenfalls schärfere Regeln gegen die Auswirkungen von "Chinas Staatskapitalismus" in Europa fordert.
Es drohen hohe Strafen
Konkret sieht die EU-Verordnung vor, dass Firmen Übernahmen von der Kommission vorab genehmigen lassen müssen, wenn sie in den vergangenen drei Jahren von mehr als 50 Millionen Euro Subventionen durch Nicht-EU-Regierungen profitiert haben und das Übernahmeziel mindestens eine halbe Milliarde Euro Umsatz erzielt. Zudem müssen Teilnehmer öffentlicher Ausschreibungen, die mindestens 250 Millionen Euro wert sind, der Kommission alle empfangenen Beihilfen offenlegen. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile kann die Behörde den Bieter dann ausschließen.
Daneben darf die Behörde von sich aus Untersuchungen einleiten - bei kleineren Übernahmen und Ausschreibungen oder beim Verdacht, dass subventionierte Konzerne anderweitig den Wettbewerb aushebeln. Die Kommission kann auch die Rückzahlung von Subventionen verlangen, inklusive Zinsen, oder die Trennung von Geschäftsfeldern erzwingen, um wieder faire Bedingungen herzustellen. Machen Unternehmen falsche oder gar keine Angaben, drohen Strafen von bis zu einem Prozent des Umsatzes. Subventionen von unter fünf Millionen Euro über drei Jahre sollen aber im Regelfall als harmlos gelten.
Bis der Vorschlag Gesetz wird, können allerdings noch Jahre vergehen, denn zunächst müssen Europaparlament und Ministerrat zustimmen: eine letzte Schonfrist für die Staatskonzerne.