Wirtschaft:Kein Wachstum für Deutschland, Weltwirtschaft erholt sich nur langsam

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Der Hafen im chinesischen Lianyungang. (Foto: Wang Chun / CFOTO/IMAGO)

Laut OECD wächst die deutsche Wirtschaft erst 2024 wieder leicht. Unternehmen und Selbständige kämpfen aktuell mit der schlechten Konjunktur. Weltweit ist vor allem China von der schwierigen Lage betroffen: im Mai brachen die Exporte unerwartet stark ein.

Die OECD traut der deutschen Wirtschaft 2023 kein Wachstum mehr zu. Erst 2024 rechnen die Experten wieder mit einem leichten Wachstum von 1,3 Prozent. "Die hohe Inflation schmälert die Realeinkommen und Ersparnisse", heißt es in einer neuen Analyse der Industriestaaten-Organisation. Der private Konsum sein ein entscheidender Bremsfaktor. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte zuletzt gesagt, mindestens 30 Prozent der Kunden von Banken könnten ihre normale Ausgaben nicht mehr aus ihrem Einkommen bestreiten, sondern müssten an die Ersparnisse ran.

Export und Produktion liefern nur kleine Wachstumsimpulse

Der Export liefert laut OECD dagegen kleine Wachstumsimpulse, weil sich die Lieferkettenprobleme, die durch die Pandemie verursacht wurden, allmählich auflösen und der Auftragsbestand hoch ist. Laut statistischem Bundesamt haben die deutschen Unternehmen ihre Produktion im April wieder leicht hochgefahren. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,3 Prozent mehr her als im Vormonat. Der Wert liegt unter den 0,6 Prozent, mit denen Ökonomen gerechnet hatten. Im März hatte es noch ein spürbares Minus von revidiert 2,1 Prozent gegeben.

"Im Vergleich zur Vor-Corona-Lage klafft aber weiterhin ein Minus. Dies ist insofern erstaunlich, da gesunkene Lieferengpässe, niedrigere Energiepreise und dicke Auftragspolster eigentlich höhere Produktionsaktivitäten ermöglichen", sagte Alexander Krüger, Chefökonom bei Hauck Aufhäuser Lampe der dpa. Politisch verursachte Unsicherheiten würden einer höheren Produktionsdynamik aktuell aber entgegenstehen.

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Selbstständige spüren Flaute

Auch Deutschlands Selbstständige spüren die schwierige wirtschaftliche Lage. Bei ihnen habe sich das Geschäftsklima im Mai verschlechtert, teilte das Münchner Ifo-Institut mit. Der mittels Umfrage gemessene Index dazu sank auf minus 8,6 Punkte, nach minus 3,2 Zählern im April. "Die Sorgenfalten bei den Geschäftsleuten vertiefen sich", sagte Ifo-Expertin Katrin Demmelhuber. Es gäbe zu wenig Aufträge und insbesondere die Einschätzungen zur weiteren Entwicklung fielen deutlich pessimistischer aus.

Im Vergleich mit der Gesamtwirtschaft entwickelt sich das Klima bei den Selbstständigen deutlich ungünstiger. In der Hotellerie, im Einzelhandel und in der Gastronomie liefen die Geschäfte laut Ifo dagegen deutlich besser als zuletzt.

Weltwirtschaft erholt sich langsam

Weil Energiepreise und Gesamtinflation langsam sinken, sieht die OECD die Weltwirtschaft auf langsamen Erholungskurs. Lieferengpässe ließen nach und noch sei die Finanzlage privater Haushalte relativ solide, teilte die Organisation mit.

Für 2023 rechnet die OECD in ihrem neuen Konjunkturausblick mit einem globalen Wachstum von 2,7 Prozent, das sich 2024 leicht auf 2,9 Prozent beschleunigen dürfte. Damit werde es immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der zehn Jahre vor der Coronapandemie liegen. Der Weg hin zu einem kräftigen und nachhaltigen Wachstum ist laut OECD noch lang.

Chinas Exporte brechen ein

Exportweltmeister China bekommt die unsichere Lage der globalen Wirtschaft besonders hart zu spüren. Erstmals seit drei Monaten fielen die Ausfuhren in US-Dollar berechnet um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie die Zollverwaltung in Peking berichtete. Auch die Importe gingen schon im zweiten Monat in Folge zurück. Das Minus bei den Einfuhren betrug 4,5 Prozent - obwohl die Vergleichsbasis vor einem Jahr wegen der Corona-Beschränkungen niedrig war.

Experten hatten bei den Exporten mit einem Rückgang um 0,4 Prozent und bei den Importen um 8,0 Prozent gerechnet. Als Gründe für den unerwartet starken Abschwung der Exporte gilt die schwache globale Nachfrage, die durch hohe Inflation unter Druck steht. Im vergangenen März waren die Exporte im Vergleich zum Vorjahresmonat noch überraschend in die Höhe geschnellt: Damals bekam der Außenhandel einen Schwung von 14,8 Prozent. Der zunehmende Handel mit Russland sowie das Wegfallen der Null-Covid-Strategie hatten zu den gesteigerten Exporten geführt.

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Auch die Aussichten für das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft verschlechtern sich, obwohl China eigentlich noch gut ins Jahr gestartet war. Die chinesische Regierung plant "rund fünf Prozent" Wachstum für das gesamte Jahr. Für das Land ein vergleichsweise niedriger Wert. Zuletzt waren bereits wichtige konjunkturelle Frühindikatoren schlechter als erwartet ausgefallen.

Laut Experten verstärkt sich dadurch der Druck auf die Regierung in Peking, Chinas Inlandskonsum anzukurbeln, um der schwachen globalen Nachfrage etwas entgegenzusetzten. "Die schwachen Exportzahlen bestätigen, dass China auf die Inlandsnachfrage angewiesen ist, da sich die Weltwirtschaft abschwächt", erläuterte Zhiwei Zhang, Chefökonom beim Vermögensverwalter Pinpoint Asset Management.

OECD fordert entschlossenes Handeln

Um die Lage der globalen Wirtschaft zu verbessern, fordert die OECD wirtschafts- und strukturpolitische Maßnahmen. Die politisch Verantwortlichen müssten entschlossen handeln, um kräftigeres und nachhaltigeres Wachstum herbeizuführen.

Das werde allerdings schwierig werden, denn die Inflation sei weiterhin zu fest verankert, die Verschuldung zu hoch und das Produktionspotenzial zu niedrig. Investitionen in Bildung und Kompetenzen seien entscheidend, damit sich die Menschen in der Wirtschaft von morgen erfolgreich behaupten könnten und um Vorteile einer höheren Produktivität zu nutzen.

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