Export:Handelsstreit mit den USA schwächt Chinas Wirtschaft

Workers load goods for export onto a crane at a port in Lianyungang

Umschlaghafen in der chinesischen Provinz Jiangsu: Arbeiter bereiten Güter für den Export vor.

(Foto: Reuters)
  • Die chinesischen Exporte und Importe sind im August überraschend gefallen, die Ausfuhren in die USA sind besonders stark gefallen.
  • Um einem Abschwung entgegenzuwirken, versucht die chinesische Regierung nun, die Kreditvergabe anzukurbeln.

Von Christoph Giesen, Peking

Es ist fast schon guter Brauch unter Analysten, Anfang des Monats die chinesischen Import- und Exportstatistiken zu prognostizieren. Finanznachrichtenagenturen wie Reuters und Bloomberg verbreiten diese Einschätzungen dann vorher. Quintessenz diesmal: Die Ausfuhren werden im August zugelegt haben, weil zum 1. September neue amerikanische Strafzölle in Kraft getreten sind und vor allem US-Unternehmen sich noch rasch mit Produkten aus der Volksrepublik eingedeckt haben werden. Bloombergs Befragung sah einen Anstieg der Exporte um 2,1 Prozent voraus, Reuters lag bei 2,0 Prozent. Ein Irrtum.

Die chinesischen Ausfuhren sind im August gefallen. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Exporte aus China um ein Prozent auf 214,8 Milliarden Dollar. Die Importe gingen gar um 5,6 Prozent auf 179,97 Milliarden Dollar zurück. Das teilte das Pekinger Statistikamt am Sonntag mit. Besonders groß fiel demnach das Minus bei den Ausfuhren in die Vereinigten Staaten aus, die um satte 16 Prozent auf 37,3 Milliarden Dollar sanken. Und das, obwohl im August zum ersten Mal seit mehr als einer Dekade ein Dollar mehr als sieben Yuan wert gewesen ist und Produkte aus China eigentlich hätten attraktiver machen müssen. Der Handelskrieg zwischen den USA und China ist also in vollem Gange.

Seit einem Jahr überziehen sich die beiden größten Volkswirtschaften der Welt gegenseitig mit Strafzöllen. Die Regierung in Washington drängt auf den Abschluss eines umfassenden Handelsabkommens. Auslöser des Konflikts ist die Verärgerung von US-Präsident Donald Trumps darüber, dass China weit mehr in die Vereinigten Staaten exportiert als umgekehrt. Er fordert eine Beseitigung von Marktschranken, kritisiert die Verletzung von Urheberrechten und staatliche Subventionen. Zudem möchte Trump strukturelle Veränderungen in der Volksrepublik erreichen und Mechanismen etablieren, die die Einhaltung eines Abkommens garantieren. Der Führung in Peking geht das zu weit. Die Folgen dieses Dissens sind in den Handelszahlen inzwischen nicht mehr zu übersehen.

Besorgniserregend sind die Importstatistiken: Viele Chinesen verschieben aus Furcht vor dem Handelskrieg große Anschaffungen. Das merkt man zum Beispiel am chinesischen Automarkt, immerhin dem größten Automarkt der Welt. Schon 2018 waren die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren zurückgegangen, ein Minus von sechs Prozent. In diesem Jahr dürfte es noch deutlich schlechter aussehen. Der August-Einbruch deutet nun auch auf einen Rückgang im verarbeitenden Gewerbe hin: Viele der chinesischen Importe sind Komponenten, die von Fabriken bestellt und häufig für den Export von Waren verwendet werden.

Eine Einigung im Handelsstreit zeichnet sich nicht ab

Um dem entgegenzuwirken, versucht die chinesische Führung nun die Kreditvergabe anzukurbeln. Die Zentralbank in Peking kündigte am Freitag an, den Mindestreservesatz für alle Geschäftsbanken zu senken, um Mittel in Höhe von etwa 900 Milliarden Yuan (115 Milliarden Euro) freizusetzen, mit denen die Institute die Kreditvergabe im Land erhöhen können. Die Reduzierung der Reserven, die die Geldhäuser bei der Zentralbank halten müssen, beträgt demnach 0,50 Prozentpunkte und tritt Anfang kommender Woche in Kraft. Die Zentralbank senkte zudem die Mindestreservepflicht für in chinesischen Provinzen tätige städtische Geschäftsbanken um einen vollen zusätzlichen Prozentpunkt. Die erste Hälfte wird Mitte Oktober wirksam, die zweite einen Monat später. Diese Schritte hatte die Regierung bereits Mitte vergangener Woche während einer Sitzung des Staatsrates angedeutet.

Der führende Wirtschaftsberater von US-Präsident Trump, Larry Kudlow, hat unterdessen vor den nächsten Handelsgesprächen mit China die Hoffnung auf eine schnellen Einigung gedämpft. Er könne nicht vorhersehen, was das Ergebnis der bevorstehenden Verhandlungen sein werde, sagte Kudlow. Es sei aber "unglaublich wichtig", dass beide Seiten nun wieder direkt miteinander sprächen. Die Unterhändler aus China und den Vereinigten Staaten sollen sich noch im September in Washington treffen, im Oktober soll es dann eine Verhandlungsrunde auf Ministerebene geben. Präsident Trump schrieb dazu am Freitag auf Twitter: "Gespräche finden statt, gut für alle!" Ein Telefonat von US-Finanzminister Steven Mnuchin und Chinas zuständigem Vize-Premier Liu He sei positiv verlaufen, erklärte Kudlow. Nach chinesischen Angaben war es der erste direkte Kontakt seit Mitte August. Immerhin.

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