Autokonzerne:China will Verbrennungsmotoren verbieten

Volkswagen - Auto Shanghai

VW-Messestand auf der Automesse in Shanghai.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • China will sich vom Verbrennungsmotor verabschieden. Das Land plant eine 100-prozentige E-Auto-Quote.
  • Für die deutsche Autoindustrie ist das ein Alarmsignal. China ist für sie ein extrem wichtiger Absatzmarkt.

Von Christoph Giesen und Max Hägler, Peking/München

Seit Wochen jagt ein Gerücht das nächste in Peking. Die Autohersteller, die Lobbyisten, die Politik, sie alle warten darauf, dass das chinesische Industrieministerium endlich den überarbeiteten Gesetzentwurf zur geplanten Elektroquote vorlegt. Anstatt 2018 sollen die strengen Vorgaben erst 2019 greifen. Schriftlich hat das noch niemand, und so kursieren die Vermutungen. Täglich wird nachgefragt im Ministerium, täglich vertrösten die Beamten.

An diesem Wochenende aber meldete sich die Verwaltung dann zu Wort. Vizeindustrieminister Xin Guobin trat am Samstag bei einem Autoforum in Tianjin auf. Zur geplanten Quote sagte er nichts. Stattdessen das: Einige Länder hätten bereits Pläne für einen Verkaufsstopp von Verbrennungsmotoren ausgearbeitet. Großbritannien zum Beispiel. Ab 2040 sollen dort keine neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. "Das Ministerium hat ebenfalls mit entsprechenden Untersuchungen begonnen."

Mit den zuständigen Abteilungen werde ein Zeitplan erstellt. "Diese Maßnahmen werden sicherlich tief greifende Veränderungen für die Entwicklung unserer Autoindustrie mit sich bringen", sagte Xin. Am Sonntag verbreitete dann Chinas Nachrichtenagentur Xinhua Xins Zitate. Damit ist es amtlich: Im größten Automarkt der Welt sind die Tage des Verbrennungsmotors gezählt. Die 100-prozentige Elektroquote kommt. Die Frage ist nur: wann? Jedes Jahr werden in China mehr als 28 Millionen Fahrzeuge verkauft. Für die deutsche Industrie ist China der Schicksalsmarkt. Volkswagen verkauft hier 40 Prozent seiner Autos. Mercedes verschifft jede dritte S-Klasse in die Volksrepublik - trotz hoher Importzölle.

Wie lange noch? Die Regierung in Peking ist nicht bekannt dafür, bei Übergangsfristen sonderlich kulant zu sein. Bei der Elektroquote steht der endgültige Gesetzentwurf noch immer aus, keine vier Monate vor dem geplanten Starttermin. Der offizielle Grund für die chinesische Elektrostrategie ist die schlechte Luft in den Städten. Da ist was dran, und doch stehen vor allem wirtschaftspolitische Erwägungen im Vordergrund. Hervorragende Verbrennungsmotoren zu bauen, das ist kompliziert. Bei der Elektromobilität haben alle Hersteller ähnliche Startbedingungen. Darum geht es.

In Deutschland ist die Debatte um ein Ende der Verbrennermotoren derweil zu einem der wenigen Themen geworden, um die Wahlkampf geführt wird. Durchaus auch innerparteilich: Die Grünen um Parteichef Cem Özdemir fordern ein Verbot im Jahr 2030. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, aber hält starre Austrittszeiten für Unfug. Auch in der Union wechselt die Meinung: Markus Söder hatte als CSU-Generalsekretär einst ein Verbrennerverbot sogar schon für 2020 gefordert, davon ist die CSU zum Schutz der heimischen Automobilhersteller längst abgerückt.

Merkel erwartet schnellen Ansteig bei der Elektromobilität

Und schließlich die Bundeskanzlerin: Angela Merkel (CDU) hat das Thema Antriebe zur Chefsache gemacht, weil viele der 800 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, allerdings auch mit unklarer Linie: "Ich kann jetzt noch keine präzise Jahreszahl nennen, aber der Ansatz ist richtig", sagte sie in diesen Wochen auf die Frage nach einem Verbrennerverbot, um dann aber eine Quote für Elektroautos abzulehnen.

An diesem Wochenende dann legte sie nach: In einer Videobotschaft erklärte sie, dass sie einen "exponentiellen Anstieg" bei der Elektromobilität erwarte. Die Politik könne die Autokonzerne dabei zwar nicht zwingen zu irgendeiner bestimmten Technik, sagte Merkel, aber man könne "moderne Antriebstechnologien bevorzugt" unterstützen. "Ich kann nur hoffen, dass gerade mit Blick auf die asiatischen Märkte", so die Kanzlerin, die deutsche Autoindustrie "den Anschluss nicht verliert". In China könne man "eine sehr große Diskussion um alternative Antriebstechnologien" erleben. Oh ja.

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