Süddeutsche Zeitung

China:30 Millionen neue Geräte

Peking schreibt Behörden offenbar vor, ausländische IT zu entfernen.

Von Christoph Giesen und Jan Schmidbauer, München/Peking

Die chinesische Regierung hat offenbar sämtliche Behörden des Landes angewiesen, bis 2022 ausländische Computer sowie Softwareanwendungen zu entfernen. Das berichtet die Financial Times. Die Anordnung sieht vor, dass Behörden im kommenden Jahr 30 Prozent der Technik durch heimische Produkte ersetzen. Bis 2021 sollen noch mal 50 Prozent und 2022 die restlichen 20 Prozent ausgetauscht werden. Die Direktive habe daher den Namen "3-5-2" erhalten, schrieb die Zeitung, die sich auf das Wertpapierhaus China Securities, zwei chinesische Cyber-Security-Firmen und die internationale Denkfabrik Eurasia beruft. Insgesamt bedeute die Anordnung, dass in Chinas staatlichen Einrichtungen bis zu 30 Millionen Geräte ausgetauscht werden müssen.

Die Entscheidung dürfte den Handelsstreit mit den USA, der auch ein Streit um die technologische Vorherrschaft im 21. Jahrhundert ist, weiter eskalieren lassen und könnte US-Konzernen wie Microsoft oder Intel zusetzen. Die "3-5-2"-Direktive ist laut FT Teil einer breiteren Kampagne, wonach Regierungsbehörden und Betreiber kritischer Infrastruktur "sichere und kontrollierbare" Technologie benutzen sollen, wie es auch das Gesetz für Cybersicherheit vorsieht. Vor zwei Jahren ist das Gesetz in Kraft getreten. Telekommunikationsunternehmen, Energie- und Wasserversorger, Transportfirmen oder Finanzkonzerne dürfen seitdem nur noch IT-Produkte kaufen, die eine staatliche Sicherheitsüberprüfung bestanden haben. Außerdem sind Firmen in China verpflichtet, ihre Daten den Behörden auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Unternehmen, die Daten ohne Genehmigung außerhalb Chinas speichern, können ihre Geschäftslizenz verlieren.

Chinas Bemühungen, sich insbesondere von amerikanischer Technologie zu lösen, dürften auch mit dem harten Vorgehen Donald Trumps gegen Peking zusammenhängen. Die Trump-Regierung hat den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei im Frühjahr auf eine schwarze Liste gesetzt. US-Firmen dürfen seither nur noch eingeschränkt mit dem Konzern zusammenarbeiten. Das bereitet auch Google Probleme, dessen Handy-Betriebssystem Android bislang auf Huawei-Geräten installiert war.

Die Trump-Regierung übte zuletzt auch Druck auf Verbündete wie Deutschland aus, beim Ausbau des schnellen 5G-Netzes auf Huawei-Technik zu verzichten. Innerhalb der großen Koalition gibt es ebenfalls Sicherheitsbedenken gegen die chinesische Technik.

Ob das "3-5-2"-Vorhaben überhaupt praktikabel und technologisch machbar ist, wird jedoch angezweifelt. Experten halten es für schwierig, die ganze Software durch heimische Versionen zu ersetzen, weil Betriebssysteme von Microsoft oder Apple in China weit verbreitet sind und auch heimische, chinesische Software darauf läuft. Zudem werden selbst chinesische Computer wie etwa von Lenovo mit Chips amerikanischer Hersteller oder mit Festplatten aus Südkorea gebaut.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2019
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