Süddeutsche Zeitung

Chefs der Deutschen Bank:Fitschen und Jain werden abgelöst

  • Die Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, legen ihr Amt nieder. Das teilte der Aufsichtsrat des des größten deutschen Geldinstituts am Sonntag mit.
  • Ex-UBS-Manager John Cryan soll ihr Nachfolger werden - nach dem Rückzug von Jain ab 1. Juli gemeinsam mit Fitschen, später dann als alleiniger Konzernchef.
  • Jain und Fitschen stehen bereits seit Jahren in der Kritik.

Von Meike Schreiber

Personalwechsel bei der Deutschen Bank: Nach monatelanger Kritik von Investoren und Öffentlichkeit stehen die beiden Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen vor ihrem Rückzug von der Konzernspitze - nach drei Jahren im Amt. Jain wird das größte deutsche Kreditinstitut bereits zum Monatsende verlassen und ihm von Juli bis Januar 2016 als Berater weiter zur Verfügung stehen, teilte die Deutsche Bank am Sonntag in Frankfurt mit. Jürgen Fitschen hingegen soll bis zur nächsten Hauptversammlung im Frühjahr 2016 an Bord bleiben und erst dann die Bank verlassen. Die Verträge der beiden Vorstandschefs hatten noch eine Laufzeit bis 2017.

Der Brite John Cryan soll zum 1. Juli Nachfolger von Anshu Jain und Co-Vorstandsvorsitzender neben Jürgen Fitschen werden, wie die Deutsche Bank am Sonntagnachmittag mitteilte. Cryan ist derzeit Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, er war von 2012 bis 2014 Präsident Europa von Temasek, dem Staatsfonds Singapurs. Die nötige Expertise für das Amt bringt Cryan mit: Vor seiner Zeit bei Temasek hatte er als Finanzvorstand der Schweizer Großbank UBS das Kreditinstitut durch die schwerste Krise ihrer Unternehmensgeschichte geführt, ehe er sich mit Konzernchef Oswald Grübel überworfen hatte. Cryan war seit längerem als möglicher Ersatzkandidat für Jain gehandelt worden. Nach dem Ausscheiden von Jürgen Fitschen im Mai kommenden Jahres soll Cryan alleiniger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank werden, teilte das Institut weiter mit.

Vor allem Jain stand seit seinem Amtsantritt im Mai 2012 in der Kritik. Jain hatte zehn Jahre lang das Investmentbanking des Konzerns geleitet - also genau jene Sparte, in der der Großteil der Skandale geschehen ist, deren juristische Aufarbeitung die Deutsche Bank inzwischen annähernd einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet hat.

Investoren waren mit Strategieschwenk unzufrieden

Zwar konnten Jain bis heute keine persönlichen Verfehlungen nachgewiesen werden, seine Kritiker hatten aber mit zunehmender Verve angemahnt, dass er als Spartenchef die Verantwortung dafür übernehmen müsse. Höhepunkt war die Strafe für Manipulationen des Referenzzinses Libor, welche die Bank 2,5 Milliarden Euro gekostet hat. Mehr noch: Angesichts der hohen Strafzahlungen und weil die Kosten im operativen Geschäft weniger stark fielen als geplant, war es Jain und Fitschen nicht gelungen, die anhaltende Ertragsschwäche der Bank zu überwinden.

Ein strategischer Schwenk - der Verkauf der Postbank und die Schließung von 200 Filialen - sowie eine neue Aufgabenverteilung im Vorstand sollten den Befreiungsschlag bringen, verfehlten ihre Wirkung aber komplett: Nach Verkündung des Strategieschwenks fiel der Aktienkurs tagelang statt zu steigen. Viele Investoren hatten sich einen größeren Wurf, etwa den Verkauf des gesamten Geschäfts mit Privatkunden, gewünscht.

Fitschen muss sich regelmäßig vor Gericht verantworten

Ihren Höhepunkt fand die Kritik auf der Hauptversammlung Ende Mai. Magere 61 Prozent der Investoren sprachen dem Vorstand ihr Vertrauen aus - so wenig wie noch nie in der Geschichte der größten deutschen Bank.

Die Ernennung von Cryan folge auf die Entscheidung von Fitschen und Jain, ihr Amt als Co-Vorstandsvorsitzende vorzeitig niederzulegen. Laut Wall Street Journal soll Jain in den vergangenen Wochen zu der Überzeugung gelangt sein, dass es nun doch Zeit für einen Wechsel an der Spitze sei. Jain und Fitschen hätten Aufsichtsratschef Paul Achleitner daher ihren Rücktritt angeboten.

Aber nicht nur Jain stand in der Kritik: Auch Fitschen galt als angeschlagen, spätestens, seit das Münchener Landgericht die Anklage gegen ihn wegen versuchten Prozessbetrugs zugelassen hat. Fitschen wird vorgeworfen, seine früheren Vorstandskollegen im Fall Kirch gedeckt zu haben. Sie sollen falsche Angaben gemacht haben, um Schadenersatzzahlungen an die Erben des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch zu verhindern. Kirch hatte die Bank und einige ihrer Topmanager für die Pleite seines Unternehmens verantwortlich gemacht. Seit Ende April muss sich Fitschen nun regelmäßig einmal pro Woche vor Gericht verantworten.

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SZ vom 08.06.2015/mahu
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