"Wollen wir jetzt noch den Kirchengemeinderat von Biberach befragen?", hatte EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) gefragt - genervt von den Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Ceta-Verhandlungen müssten auf breiter Ebene abgestimmt werden. Ein Gespräch mit Hellger Koepff, evangelischer Dekan in Biberach und Pfarrer an der Stadtpfarrkirche.
SZ.de: Herr Koepff, haben Sie gehört, dass sich Günther Oettinger und Sigmar Gabriel über Ihre Kirchengemeinde streiten?
Hellger Koepff: Ich habe die Meldung auf Sueddeutsche.de gelesen und musste schmunzeln. Unsere Stadt Biberach scheint für Herrn Oettinger ein Synonym für einen kleinen Ort ganz weit weg zu sein, vielleicht irgendwo im Busch im Osten von Baden-Württemberg, ganz nach der Schwäbischen Eisenbahn.
Das sehen Sie doch bestimmt anders.
Wir sind natürlich weit weg vom Machtzentrum in Stuttgart. Aber Biberach ist eine starke Region, wir brauchen uns da auf keinen Fall zu verstecken.
Haben Sie sich denn angesprochen gefühlt?
Nein, ich habe es eher als unterhaltsame Meldung beiseite gelegt. Dass Herr Oettinger ausgerechnet unseren Kirchengemeinderat oder den katholischen ins Gespräch bringt, darauf bilden wir uns nichts ein. Allerdings hat mein Sohn die Meldung auch gelesen und mir direkt geschrieben. Er meinte, ich hätte damit wohl den vorläufigen Höhepunkt meiner Karriere erreicht.
Was hätten sie denn geantwortet, wenn die Politik Sie zu Ceta befragt hätte?
Als Kirchengemeinderat sind wir für solche Fragen nicht zuständig. Die Politik verhandelt Ceta ja auf viel höheren Ebenen, damit haben wir hier in Biberach in unseren Gremien nichts zu tun. Sollten sich Herr Gabriel oder Herr Oettinger diesbezüglich trotzdem bei uns melden, dann würden wir uns als Kirchengemeinderat wahrscheinlich vornehm zurückhalten. Aber natürlich gibt es in Biberach viele politisch interessierte Menschen, die über Ceta auch kritisch diskutieren.
Also hat Sie noch niemand in Sachen Ceta um Rat gefragt.
Bisher gab es noch nicht viele Reaktionen. Es kamen zwar ein paar Mails, aber wir sind zum Glück noch nicht zum allgemeinen Ansprechpartner für Ceta-Fragen geworden. Unser Kirchengemeinderat hat aber im Moment auch sehr viele andere Aufgaben zu lösen, zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe. Wir würden mit Beratungen über Freihandelsabkommen wahrscheinlich über unsere Kapazitätsgrenzen hinausgehen, in so einem Gemeinderat sitzen ja jeweils nur sieben bis neun Personen.
War Herr Oettinger überhaupt schon mal bei Ihnen im Gottesdienst?
Nicht, dass ich wüsste. Aber er kennt unsere Stadt natürlich aus seiner Zeit als Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Außerdem ist er der Kirche ja zumindest immer sehr verbunden gewesen.
Ihre Gemeinde bietet einen Kurs "meditatives Tanzen" an, in dem die Teilnehmer zueinander finden sollen. Könnte das die Herren Oettinger und Gabriel vielleicht versöhnen?
Das meditative Tanzen bieten wir zwar an und sind da auch für jeden Interessierten offen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Rahmen wäre (lacht).