Süddeutsche Zeitung

CES:Zappenduster

Ein Stromausfall legt die Technik-Messe in Las Vegas lahm - und sorgt bei manchen für diffuse Ängste.

Von Jürgen Schmieder

Und plötzlich ging das Licht aus im Convention Center von Las Vegas, für ein paar Minuten wurden die CES-Besucher sprichwörtlich ins 19. Jahrhundert geschickt. Das ist freilich ein grotesker Moment auf einer Technikmesse, die futuristische Fernseher, elektrische Autos und Hubschrauber-Taxis präsentiert. Die meisten Leute blieben gelassen, einige erstellten mit ihren Handys ein virtuelles Lagerfeuer und erzählten einander witzige Geschichten. Einige jedoch wurden auf der Consumer Electronics Show panisch, auf Twitter fragte einer: "Ist das der Beginn der Apokalypse?"

Es gehört zu den Ängsten des Menschen, auch hervorgerufen durch Filme wie "2001: A Space Odyssey", "The Matrix" oder "The Terminator", dass Maschinen aufbegehren, einen Krieg anzetteln und aufgrund ihrer technologischen und irgendwann auch geistigen Überlegenheit die Menschheit auslöschen. Wissenschaftler wie Stephen Hawking und Visionäre wie Elon Musk warnen genau davor: Ein von Skynet produzierter und verblüffend nach Arnold Schwarzenegger aussehender Roboterkrieger wird vor der Tür stehen und uns töten wollen!

Es gibt bereits einen Roboter der Tufts University, der darauf programmiert ist, Befehle des Menschen zu verweigern, wenn sich dadurch eine Gefahr für ihn selbst ergeben würde. Wenn ihn also sein Besitzer an den Rand eines Tisches schickt und zum Sprung verleiten möchte, bleibt der Roboter stehen und erklärt, dass das nicht sicher für ihn wäre. Ist das der erste Schritt zur Rebellion? Ein Vortrag auf der CES ist nach einem Teil der Terminator-Reihe benannt: "Rise of the Machines".

Bei aller berechtigten Sorge um den Fortschritt künstlicher Intelligenz, dem Ende von Privatsphäre und der ganz offensichtlich sinkenden Überlebenswahrscheinlichkeit des Menschen ohne technische Hilfe: Es gibt derzeit keine Anzeichen für eine Revolution der Roboter. Es schadet gewiss nicht, technologischen Neuerungen mit der gebotenen Vorsicht zu begegnen, sie kritisch zu hinterfragen und auch mal zu verhindern. Es schadet aber auch nicht, nicht gleich jede Erfindung als weiteres Indiz dafür zu halten, dass der Menschheit das droht, was dem Römischen Reich nach dem Tod des Kaisers Julius Nepos im Jahr 480 passierte.

Technologie kann dem Menschen helfen - deshalb gibt es sie und nicht darum, weil sich der Mensch seiner eigenen Großartigkeit versichern möchte, auch wenn man das bei einem Rundgang über diese Technikmesse schon manchmal glauben könnte. Er muss nur aufpassen, dass er sich nicht allzu abhängig von Technik macht und zumindest ab und an selbst über das Leben, das Universum und den ganzen Rest nachdenkt und dieses Denken nicht einer Maschine überlässt. Die Apokalypse, die startet der Mensch immer noch selbst. Gegen die Maschinen gibt es derzeit noch ziemlich wirksame Abwehrmechanismen. Der Forscher Oren Etzioni etwa empfiehlt das Verschließen von Türen, weil sich Roboter ziemlich schwertun mit der Bedienung von Türknäufen. Es gibt andere, die raten, über eine wild gewordene Maschine einfach ein Glas Wasser zu kippen. Und natürlich gibt es noch den Klassiker, der gerade auf der CES ein paar Minuten Chaos ausgelöst hat: ein gut getimter Stromausfall.

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Quelle:
SZ vom 12.01.2018
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