Martin Wittig, Vorsitzender der Geschäftsführung, Roland Berger Strategy Consultants
Es ist ruhig geworden um die Krise in Europa. Ist das Schlimmste überstanden?
Die gute Nachricht ist: Das kurzfristige Risiko eines unkontrollierten Auseinanderbrechens des Euro-Raums ist gesunken, nachdem die EZB angekündigt hat, auf den Anleihemärkten alles zu tun, um den Euro zu retten. Hoffnung macht auch die generelle Einschätzung der Weltwirtschaft 2013. So erwarten wir etwa weitere Wachstumsimpulse aus China, sobald sich die neue Führung etabliert hat. Und die USA stehen vor einem Comeback.
Woran lesen Sie das ab und was muss jetzt geschehen?
Die Kapitalmärkte bleiben volatil, haben sich aber relativ gesehen beruhigt. So sind etwa die Zinsen für angeschlagene Staaten wie Italien und Spanien gesunken. Nun muss die Euro-Zone ihre Reformfähigkeit beweisen, denn in Punkto Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit driften die Länder noch weit auseinander. Es gilt, speziell die Wirtschafts-, Fiskal- und Finanzpolitik in Europa zu koordinieren. Wesentlich ist auch, Wachstum zu generieren, etwa durch Investitionen in die europaweite Infrastruktur - aus privaten Quellen. Denn die überschuldeten Staatshaushalte sind dazu nicht imstande und Totsparen hilft nicht. Die Länder Europas müssen zudem die Themen Innovation und Bildung wieder stärker ins Visier nehmen, dürfen sich nicht auf ihrer teils ausgeprägten Industriekompetenz ausruhen.
Wie geht es mit der Konjunktur in Deutschland im Jahr 2013 weiter?
2013 wird ein Übergangsjahr mit rezessiven Tendenzen, jedenfalls im Euro-Raum. Für Deutschland erwarten wir weiterhin leichtes Wachstum, getrieben von den klassischen Exportbranchen wie etwa Maschinenbau und chemischer Industrie. Deutschland dürfte weiterhin der "starke Mann" Europas bleiben.