Süddeutsche Zeitung

Carsten Stahl:Vom Kiezkönig zum Anti-Gewalt-Trainer

Carsten Stahl, bekannt aus der Serie "Privatdetektive im Einsatz", war in seinem Leben Täter, aber auch Opfer. Nun will er Schüler für das Thema Mobbing sensibilisieren.

Von Thomas Öchsner und Steffen Uhlmann

Carsten Stahl hat sich schon oft neu erfunden. Lange bevor er durch die Hauptrolle in der RTL2-Dokusoap "Privatdetektive im Einsatz" bekannt wurde, war er das, was man landläufig einen Kiezkönig nennt. Einer, der zuschlägt. Ein Täter.

Jetzt hat er eine neue Rolle gefunden. Der 45-Jährige, inzwischen Vater von zwei Kindern, tourt durchs Land und klärt Schüler über Mobbing auf. Stahl ist überzeugt, dass er der Richtige ist, um sie für das Thema zu sensibilisieren. "Ich bin einfach glaubwürdig", sagt er.

Stahl kennt beide Seiten. Er war im Laufe seines Lebens nicht nur Täter, sondern auch Opfer. In seiner Schulzeit war der muskelbepackte Mann der "kleine Dicke". Einer, der sich lange Zeit nicht wehren konnte. Einmal landete er in einer drei Meter tiefen Grube, brach sich eine Rippe und hatte höllische Schmerzen. "Aber sie haben nur gelacht und auf mich herunter gepinkelt", erzählt er im Interview.

Er machte einen fatalen Fehler - und änderte schließlich sein Leben

Stahl kann eine Geschichte darüber erzählen, wie man vom Opfer zum Täter wird: "Ich bin größer und stärker geworden, habe trainiert. Irgendwann setzt du dich dann zur Wehr. Du prügelst selbst, schlägst zu nach jeder Anmache, jedem komischen Spruch." So geriet er schließlich in das kriminelle Milieu von Berlin-Neukölln.

Alles änderte sich erst mit dem Fehler seines Lebens. Er erzählte den falschen Leuten von seiner schwangeren Freundin. "Irgendwann sind ein paar Leute bei ihr aufgetaucht, die mir meinen Erfolg nicht gegönnt haben. Sie wollten ihr Angst machen, die Sache eskalierte." Die Freundin verlor ihr Kind, trennte sich von ihm. Stahl sackte noch tiefer ab.

Bis sein Sohn auf die Welt kam. Stahl wurde klar, dass es so nicht weitergehen kann. "Ich wollte mein Kind diesmal unbedingt schützen", sagt er. "Ich habe mich freigekauft und bin raus aus dem kriminellen Milieu." Zum Antimobbing-Trainer wurde Stahl aber erst, als sein Sohn am zweiten Schultag mit blutiger Lippe und aufgeschlagenem Kinn nach Hause kam, weil ihn andere Schüler verprügelt hatten. Als Detektiv bei RTL 2 machte er Schluss, Stahl wollte nur noch gegen Mobbing kämpfen: "Mobbing ist wie ein Geschwür", sagt er. "Es fängt ganz klein an und wird immer größer." Wie Stahl in den Schulen arbeitet, warum sich heute gern Politiker mit ihm zeigen und was er sich von der deutschen Fußballnationalmannschaft wünscht, erzählt er im "Reden wir über Geld"-Interview.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3802844
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/jps/been
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.