Nach Flucht nach Libanon:Staatsanwaltschaft erlässt Haftbefehl gegen Carole Ghosn

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Carole Ghosn hat die Haftbedingungen ihres Mannes immer wieder scharf kritisiert. (Foto: AFP)
  • Die japanische Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl gegen Carole Ghosn, die Frau des geflohenen Ex-Automanagers Carlos Ghosn, erwirkt.
  • Die Regierung stuft die Ausreise Ghosns als "kriminelle Tat" und behält die Kaution in Höhe von umgerechnet 12,4 Millionen Euro ein.

Nach der spektakulären Flucht des früheren Automanagers Carlos Ghosn nach Libanon hat die Staatsanwaltschaft nun einen Haftbefehl gegen dessen Frau Carole Ghosn erwirkt. Ihr werde vorgeworfen, Ermittler belogen zu haben, teilten die Behörden mit. Japanischen Medien zufolge wird Carole Ghosn beschuldigt, bei einer Befragung vor Gericht im April vergangenen Jahres Falschaussagen gemacht zu haben.

Eine Ghosn-Sprecherin nannte den Haftbefehl "erbärmlich". Carole Ghosn sei vor neun Monaten freiwillig nach Japan zurückgekehrt, um sich den Fragen der Ermittler zu stellen. Sie habe danach ohne jede Anschuldigung gehen können, so die Sprecherin. Genau wie ihr Mann befindet sich Carole Ghosn mittlerweile allerdings nicht mehr in Japan: Sie ist nach der Flucht Carlos Ghosns, der gegen Kaution auf freiem Fuß war, ebenfalls nach Libanon gereist.

Eine Bedingung für Ghosns Entlassung aus der monatelangen Untersuchungshaft gegen Kaution war, dass er weder Japan verlässt, noch ohne Erlaubnis Kontakt zu seiner Frau aufnimmt. Die japanische Staatsanwaltschaft erklärte, dass Carole Ghosn selbst jedoch Personen, die im Zusammenhang mit dem Fall stehen, kontaktiert habe. Sie hatte in der Vergangenheit sogar US-Präsident Donald Trump sowie Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron um Hilfe in dem Fall gebeten.

Am Montag hatte die japanische Regierung die Ausreise Ghosns offiziell als kriminelle Tat eingestuft. Es sei ein "Verbrechen, da er das Land mit illegalen Methoden verlassen hat", sagte Justizministerin Masako Mori. Sie nannte den Vorgang "zutiefst bedauerlich". Die von Ghosn hinterlegte Millionen-Kaution behält der Staat ebenfalls ein. Das beschloss das Bezirksgericht in Tokio am Dienstag. Die Summe von umgerechnet 12,4 Millionen Euro werde dem Staat überschrieben.

Zudem hat der Autobauer Nissan sich erstmals seit der Flucht seines Ex-Verwaltungsratschefs zu Wort gemeldet. Das Unternehmen mache Ghosn nach wie vor für "gravierendes Fehlverhalten" verantwortlich und werde weitere juristische Schritte einleiten, um ihn für den Schaden zur Rechenschaft zu ziehen, den er dem Unternehmen zugefügt habe, hieß es am Montag aus dem Konzern.

Ghosn will sich am Mittwoch äußern

Ghosn selbst hat bislang nicht mitgeteilt, wie ihm die Flucht gelang. Er will sich jedoch an diesem Mittwoch in Beirut äußern. Der frühere Vorstandschef des französisch-japanischen Autobündnisses Renault-Nissan-Mitsubishi stand in Japan unter Anklage, war aber gegen Kaution auf freiem Fuß, als er vergangenen Monat die Flucht ergriff. Die Aussicht, dass er jemals nach Japan zurückkehren wird, gilt als gering, da Libanon mit Japan kein Auslieferungsabkommen hat.

Derweil ist Japan dabei, Schlupflöcher zu schließen, um eine Flucht von auf Kaution freigekommenen Angeklagten künftig zu verhindern. So kündigte Transportminister Kazuyoshi Akaba am Dienstag an, dass in Zukunft große Gepäckstücke von Passagieren von Privatflugzeugen stets inspiziert werden müssen. Laut japanischen Medienberichten war Ghosn in einer für Musikinstrumente deklarierten Kiste versteckt mit einem Privatjet vom Flughafen in Osaka aus geflohen. Dabei hätten ihm zwei Amerikaner geholfen. Die Kisten seien am Flughafen Kansai nicht durchleuchtet worden.

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