16 Hallen, 778 Aussteller, und im vergangenen Jahr kamen eine Viertelmillion Besucher: Am Freitag eröffnete in Düsseldorf wieder der „Caravan Salon“, die nach eigenen Angaben weltweit größte Messe für Wohnmobile und Wohnwägen. Diese Urlaubsform liegt im Trend, die Zahl der Übernachtungen auf Campingplätzen wächst, es werden mehr Reisemobile verkauft. Allerdings plagen die erfolgsverwöhnte Branche auch Sorgen.
Von denen ist in den Hallen freilich nichts zu spüren. Dort präsentieren die Hersteller ihre neuen Modelle. Die meist älteren Besucherinnen und Besucher schauen sich die Reisemobile und Anhänger ausführlich an, sitzen drinnen auf den Bänken Probe, lassen sich beraten.
Manche Gäste reisen passenderweise mit dem Wohnmobil oder -wagen an. Mehr als 3500 von ihnen erlaubt die Messegesellschaft, auf einem ihrer Parkplätze zu übernachten – in den zehn Messe-Tagen ist dort vermutlich einer der größten Stellplätze der Welt.
Wer richtig viel Geld investieren will, geht in Halle fünf, in der Wohnmobile in Reisebus-Größe ausgestellt werden. Die kosten bis zu 1,5 Millionen Euro. Dafür hat solch ein Bus hinten eine Garage eingebaut, in der die Besitzer ihren – natürlich luxuriösen – Kleinwagen parken und in den Urlaub mitnehmen können.
Kunden wollen ohne Strom in der Wildnis campen
Auf der Messe gibt es allerdings auch Günstiges zu kaufen, etwa Dachzelte oder Zubehör. Einer der billigsten Wohnwägen ist zugleich einer der kleinsten: Der Hersteller Adria verkauft einen Anhänger, der nur sechs Quadratmeter Wohnfläche bietet. Trotzdem können darin zwei Erwachsene und ein Kind – sehr beengt – schlafen. Das Wichtigste aber ist, dass der 14 000 Euro teure Wagen nur 750 Kilogramm wiegt. Daher preist ihn das Unternehmen als „E-Auto-freundlich“ an. Die Zahl der Elektrofahrzeuge wächst, doch wer mit einem Stromer einen schweren Wohnwagen zieht, muss ständig anhalten und die Batterie aufladen. Leichtere Anhänger sollen Abhilfe schaffen.
Ein anderer Trend ist der Messegesellschaft zufolge, dass Urlauber länger autark sein wollen. Sie möchten die Möglichkeit haben, mit ihrem Reisemobil wochenlang zu urlauben, ohne auf einem Campingplatz ihre Batterie aufzuladen. Der Hersteller Eura Mobil präsentiert etwa ein Wohnmobil mit Solarzellen auf dem Dach und besonders großen Batterien. „Sie können bis zu 30 Tage autark sein“, sagt Geschäftsführer Holger Siebert. Außerdem verfügt der sogenannte Offroader über ein System, das Notrufe via Satellit absetzen kann – falls es in der Wildnis keinen Handyempfang gibt.
Das Interesse am Urlaub mit Wohnmobil oder -wagen steigt schon seit Jahren, aber die Covid-Pandemie führte zu einem Extra-Boom. Schließlich gibt es im eigenen Reisemobil keine Probleme mit Abstandsregeln zu Fremden. Doch wie so viele Industriebranchen kämpften die Hersteller in den vergangenen Jahren mit Lieferkettenproblemen und steigenden Materialkosten. Die Folge: Die Modelle verteuerten sich kräftig, außerdem mussten Kunden neun Monate oder noch länger auf ihre Order warten.
Es gibt zu wenig Campingplätze
Bernd Löher, Präsident des Caravaning Industrie Verbands (CIVD), sagte bei der Messe-Eröffnung, solche Lieferzeiten gehörten der Vergangenheit an, die Händler hätten volle Höfe. Und bei den Preisen erwartet der Chef des norddeutschen Herstellers Hobby keine großen Steigerungen mehr – aber auch keine Senkung.
Der Start in das laufende Jahr sei für die Produzenten „etwas verhaltener“ gewesen als erhofft, sagt Löher. Die Branche spüre die Verunsicherung der Konsumenten und die gestiegenen Zinsen. „Doch wir bewegen uns immer noch auf einem sehr, sehr hohen Niveau.“ So wurden von Januar bis Juli fast 53 000 Wohnmobile neu zugelassen in Deutschland, ein Zehntel mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der neu zugelassenen Wohnwägen sank dagegen leicht auf 15 000 – der Trend weg von Anhängern hin zu Reisemobilen setzt sich fort. Bei den Reisemobilen sind Campervans die mit Abstand beliebtesten Modelle, also kompakte Kastenwägen.
Ein Ärgernis aus Sicht der Fabrikanten ist, dass die seit 1999 geltenden B-Führerscheine nur erlauben, Reisemobile bis 3,5 Tonnen zu lenken. Wer vorher seinen Führerschein Klasse 3 gemacht hat, darf dagegen bis zu 7,5 Tonnen steuern. Will der Kunde mehr luxuriöse Ausstattung oder eine große Batterie, sind die 3,5 Tonnen schnell überschritten. Das ist auch ein Hindernis bei der Umstellung von Verbrenner- auf Elektromotoren. Der europäische Branchenverband lobbyierte deswegen lange für eine Erhöhung des Limits auf 4,25 Tonnen. Tatsächlich könnte die EU-Führerscheinrichtlinie künftig solch eine Anhebung vorsehen; Europaparlament und Ministerrat sollen bald Verhandlungen aufnehmen.
Ein weiteres Problem: Die Zahl der Camping- und Stellplätze wächst langsamer als die der Fahrzeuge und Anhänger. Es drohen Engpässe. Doch müssen Urlauber Plätze lange im Voraus buchen, fallen Flexibilität und Spontaneität weg – bisher ein großer Vorteil dieser Reiseform. Industriepräsident Löher versichert, das Thema stehe „ganz hoch auf der Agenda“ seines Verbands. Der CIVD setze sich bei der Politik für bessere Bedingungen für Platzbetreiber ein. Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) gab aber bei der Messe-Eröffnung zu bedenken, dass eine Genehmigung neuer Stellplätze schwierig sei, wenn dadurch Naturflächen versiegelt würden.
Eine Balance zu finden zwischen Tourismus und Umweltschutz ist nicht einfach – auch nicht beim Campen.