Cannabis-Importe aus den Niederlanden:Das große Geschäft mit holländischem Gras

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Ein Mitarbeiter prüft medizinischen Cannabis in einem Gewächshaus in den Niederlanden. (Foto: Hollandse Hoogte/imago)

Seit Kurzem dürfen deutsche Ärzte schwerkranken Patienten Cannabis auf Rezept verschreiben. Aber woher kommt der Stoff? Eine niederländische Firma hofft, bald auch in Deutschland anbauen zu dürfen.

Von Pieter Couwenbergh, Amsterdam

Die Deutschen haben immer schon gewusst, wo sie ihr Cannabis herbekommen. Nicht umsonst ist Amsterdam für Kurzurlaube ein beliebtes Reiseziel. Aber auch zu medizinischen Zwecken, beispielsweise zur Behandlung chronischer Schmerzen, Epilepsie oder Multipler Sklerose, sind die Niederlande ein wichtiger Geschäftspartner Deutschlands.

Erst seit wenigen Tagen dürfen deutsche Ärzte schwerkranken Patienten Cannabis auf Rezept verschreiben. Was bislang nur etwa 900 Menschen in Deutschland mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt war, wird künftig mehreren Tausend Schwerkranken von der Krankenkasse bezahlt. Das Problem: Bislang wird hierzulande noch kein Medizin-Hanf staatlich angebaut.

Deutschland ist deshalb auf Importe aus Nachbarländern angewiesen. Größere Mengen Cannabis wurden erstmals im Jahr 2014 aus Kanada und den Niederlanden importiert, insgesamt 48,5 Kilogramm, sagt Maik Pommer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. 2016 kamen schon allein aus Holland 170 Kilogramm, in den kommenden drei Jahren soll die jährliche Importmenge auf bis zu 700 Kilogramm steigen. So hat es die niederländische Gesundheitsministerin Edith Schippers mit der Deutschen Bundesopiumstelle vereinbart.

Cannabis in Deutschland, Medizinischer Einsatz von Cannabis läuft an (Video: SZ/wochit)

Anbau, Qualität und Lagerung werden von der neuen Cannabisagentur kontrolliert

Dabei handelt es sich jedoch um eine Ausnahmeregelung: Eigentlich darf jedes Land in den kommenden drei Jahren nur maximal 100 Kilo an niederländischem Qualitätshanf beantragen. Von 2020 an ist jedes Land selbst für den Anbau verantwortlich. Daran soll auch die Ausnahme für Deutschland nichts ändern. "Wir möchten nicht die Cannabis-Lieferanten von Europa sein" sagt eine Sprecherin des niederländischen Ministeriums für Gesundheit, Wissenschaft und Sport.

In Deutschland werden Anbau, Qualität, Lagerung und Verpackung von einer neu eingerichteten Cannabisagentur gesteuert und kontrolliert. Langfristig soll sie konstante Ernten und die gute Qualität der Pflanzen sicherstellen. 2019 soll es die erste eigene Hanf-Ernte geben. Bis dahin ist es Aufgabe der Bundesopiumstelle zu gewährleisten, dass die Versorgung der Patienten durch Importe gedeckt wird.

Die niederländischen Nachbarn haben schon vor fünfzehn Jahren mit der Produktion von medizinischem Cannabis begonnen. Zunächst lediglich zu Forschungszwecken, seit 2003 dann auch für den Patientenkonsum.

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Die Anbautechnik wurde nach Kanada und Tschechien weiterverkauft

Das einzige Unternehmen, das staatlich für den Anbau von Cannabis beauftragt wurde, ist die Firma Bedrocan aus Veendam. "Wir waren ursprünglich ein Landwirtschaftsbetrieb, haben Chicorée, Spargel und Kresse angebaut. Unser Gründer glaubte aber schon damals an den Nutzen von Cannabis in der Medizin", sagt Peter van Peer, der für Bedrocan arbeitet. Ende der Neunzigerjahre hat das Unternehmen angefangen, mit medizinischem Cannabis zu experimentieren.

Mittlerweile hat Bedrocan sich eine Technik patentieren lassen, die Hanfpflanzen optimal gedeihen lässt, und die Lizenz bereits nach Kanada und Tschechien weiterverkauft. Sie werden in speziellen Gewächshäusern angebaut und sind dort nach etwa sechs Wochen reif. Anschließend werden sie getrocknet, die Blütenknospen separiert und teilweise pulverisiert, um an die Stauden mit dem Wirkstoff zu gelangen. Insgesamt fünf verschiedene Sorten Cannabis werden von Bedrocan produziert, die Gesamtmenge belief sich im vergangenen Jahr auf 900 Kilogramm.

Das Cannabis wird nach einer Qualitätsprüfung vollständig von der niederländischen Cannabisagentur (BMC) übernommen. Ein Teil davon geht direkt an Apotheken im ganzen Land, der Rest wird ins Ausland verschickt. Zu den wichtigsten Kunden zählen Deutschland mit aktuell 170 und Italien mit etwa 100 Kilogramm pro Jahr, sagt die Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Danach folgen Finnland und einige osteuropäische Länder.

Bereits zwei Mal hat Bedrocan bei der niederländischen Behörde um eine Steigerung der Produktionskapazitäten gebeten, beide Male wurde sie erteilt. Ebenfalls in diesem Jahr möchte das 50-Mann-Unternehmen die Produktion erneut steigern. Auch in Deutschland werden derzeit Ausschreibungen für den staatlichen Cannabis-Anbau vorbereitet. Ob Bedrocan sich bewerben wird, möchte das Unternehmen nicht verraten, informiert haben sie sich aber bereits.

Unabhängig davon wird Bedrocan seine Produktion aber ausweiten wollen: Der Bedarf an Cannabis wächst nicht nur aufgrund der gestiegenen Anzahl an Patienten. Auch wissenschaftliche Forschungen sind zunehmend daran interessiert. Sie benötigen Cannabis unter anderem als Rohstoff für die Entwicklung gewisser pharmazeutischer Produkte. Zudem experimentieren sie mit der Dosierung und neuen Verabreichungsformen von Cannabis.

Cannabis-Inhalator, Cannabis-Tabletten, Cannabis-Spray

Für Kinder mit Epilepsie beispielsweise haben Forscher bereits ein Kaugummi entwickelt. Auch die Bedrocan-Tochter Spirocan ist in der Forschung tätig: Sie hat einen Cannabis-Inhalator mitentwickelt und produziert gemeinsam mit einem anderen Unternehmen Cannabis-Tabletten. Auch ein Cannabis-Spray ist bereits auf dem Markt, entwickelt wurde es vom britischen Pharmakonzern GW Farmaceuticals. "Lizenzen und die Entwicklung von Cannabis-Medizin werden für uns immer wichtiger", sagt auch Bedrocan-Mitarbeiter Van Peer.

Wie hoch die Kapazitäten noch wären, möchte sein Unternehmen mit Verweis auf Den Haag nicht verraten. Auch bei der Regierung hält man sich in dieser Frage zurück. Fest steht aber: Die Menge wächst rasch. Laut dem BMC ist sie in 13 Jahren von 60 Kilogramm auf 900 Kilogramm gestiegen.

Der Erzeugerpreis wird ebenfalls vom BMC festgelegt. Er lag 2016 pro Gramm bei etwa 6,67 Euro. "Wenn das Geschäft sehr gut geht, wird der Preis reduziert", so die Sprecherin. Eine Reduzierung gab es aufgrund der hohen Nachfrage allein im vergangenen Jahr zwei Mal. Der Endverbraucher in den Niederlanden zahlte 2016 zuzüglich Kosten für Großhandel und Apotheken etwa zehn Euro pro Gramm, die Deutschen mit etwa 14 Euro deutlich mehr. Noch aus dem eigenen Geldbeutel - ab sofort von der Krankenkasse.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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