Nahaufnahme:Bytedance-Chef Zhang Yiming hört auf

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Zhang Yiming: "Mir fehlen einige der Fähigkeiten, die einen idealen Manager ausmachen." (Foto: Shannon Stapleton/Reuters)

Er sei ein Tagträumer und nicht sonderlich gesellig, sagt Zhang Yiming, Chef der Tiktok-Mutter Bytedance. Deshalb trete er nun ab. In China wird nun gerätselt: Warum geht er wirklich?

Von Christoph Giesen, Peking

Er ist einer der erfolgreichsten Unternehmer Chinas, ein Multi-Milliardär: Fast alles, was Zhang Yiming, 38, in seinem Berufsleben angepackt hat, wurde zum Erfolg. Zunächst ersann er mit seiner Firma Bytedance die App Toutiao. Übersetzt: "Schlagzeile", ein sogenannter Nachrichtenaggregator. Je nach Vorlieben, Themen, Autoren oder Titeln offeriert einem die App Texte und Videos. Millionen Chinesen lesen nur noch über Toutiao. Künstliche Intelligenz entscheidet, was man vorgesetzt bekommt, und das verblüffend genau. Ein Milliarden-Geschäft. Zhang gelang aber ein noch größerer Coup: Tiktok. Jugendliche überall auf der Welt verbringen Stunden mit der App, hangeln sich von einem Video zum nächsten, wie im Bann. Sollte die Tiktok-Mutter Bytedance demnächst an die Börse gehen, könnte das Unternehmen mit bis zu 200 Milliarden Dollar bewertet werden.

Doch was schrieb Erfolgsgründer Zhang nun seinen Mitarbeitern? "Mir fehlen einige der Fähigkeiten, die einen idealen Manager ausmachen", er sei "nicht sehr gesellig" und bevorzuge "einsame Aktivitäten wie Netzsurfen, Lesen, Musikhören und Tagträumen". Er werde sich deshalb zum Ende des Jahres von der Unternehmensspitze zurückziehen und stattdessen an "längerfristigen Initiativen" arbeiten. Neuer Vorstandschef von Bytedance soll Co-Gründer Liang Rubo werden. Die Verblüffung in China ist ziemlich groß.

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Geboren 1983 in Longyan, in der südchinesischen Provinz Fujian, schrieb Zhang Yiming sich 2001 an der Universität in Tianjin ein, zunächst in Mikroelektronik, dann sattelte er auf Informatik um. Nach dem Abschluss fing er bei einem Online-Reisebüro an, schnell wurde er zum technischen Direktor befördert, dennoch verließ er die Firma und nahm ein Angebot von Microsoft an. Auch hier kündigte er rasch wieder: zu viele Regeln, zu viele Prozesse, zu wenig Freiheit. Seitdem ist Zhang selbständig, 2012 gründete er schließlich Bytedance. Und das will er nun aufgeben? Dass Zhang wegen angeblicher Tagträumerei hinschmeißt, glaubt in China kaum einer. Vielmehr könnte ihm der politische Druck zu schaffen gemacht haben.

Im vergangenen Jahr steuerte Zhang Bytedance im Konflikt mit US-Präsident Donald Trump, der damit gedroht hatte, Tiktok in den Vereinigten Staaten zu verbieten - Bytedance stand kurz vor der Zerschlagung. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage in China zugespitzt: Die Behörden haben damit begonnen, die heimischen Tech-Konzerne stärker zu kontrollieren. Angefangen hatte es im November 2020 mit der Ant Group: Wenige Tage vor dem Börsengang des Unternehmens in Shanghai und Hongkong schritten die Aufseher ein. Der größte Börsengang der Welt, der 37 Milliarden Dollar einspielen sollte, wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Ant-Gründer Jack Ma ist seitdem praktisch aus der Öffentlichkeit verschwunden, und den Mutterkonzern Alibaba belegten die Aufsichtsbehörden mit einer Geldstrafe in Höhe von 2,8 Milliarden Dollar, da das Unternehmen seine Marktbeherrschung missbrauchte. Wer ist der nächste?

Colin Huang, der Gründer von Pinduoduo, hat im März die E-Commerce-Gruppe verlassen, der Lieferkette Meituan droht ebenfalls eine kartellrechtliche Untersuchung. Wie unangenehm es sein kann, in China politisch in Schwierigkeiten zu geraten, erfuhr Zhang 2018, damals musste er eine Witze-App offline nehmen. Chinas Kader haben nicht sonderlich viel Humor. Die App sei "unvereinbar mit den sozialistischen Grundwerten", das "Xi-Jinping-Denken" sei nicht richtig implementiert worden, schrieb Zhang in einer Selbstkritik und stellte kurzerhand 4000 neue Löschfachkräfte für seine Firma ein. Nun tritt er ab.

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