Süddeutsche Zeitung

Burger King und Yi-Ko:Die Hack-Ordnung

Im vergangenen Jahr schwärmte Burger King noch von seinem neuen Franchise-Partner Yi-Ko. Nun will der Gastrokonzern den Vertrag mit dem Filialbetreiber sofort kündigen. Yi-Ko habe praktisch von Beginn an gegen die Richtlinien der Burger-King-Gemeinschaft verstoßen.

Von Max Hägler

Der Vertrag bereitete Burger King Freude, ließ den Managern des Gastrokonzerns gewissermaßen das Wasser im Mund zusammenlaufen, um in der Sprache dieser Branche zu bleiben: "Durch die Partnerschaft mit der Yi-Ko Holding ist unsere Marke besser aufgestellt als jemals zuvor", schwärmte Anfang Mai 2013 die Deutschland-Niederlassung von Burger King. Yi-Ko, die Firma von Ergün Yildiz und Alexander Kolobov, hatte 91 der etwa 700 deutschen Burger-King-Restaurants übernommen, die der Konzern bislang selbst geführt hatte.

In dem US-Unternehmen gilt die Regel: Franchise - also das selbständige Betreiben von Geschäften unter einer Dachmarke - ist besser, weil sich mehr Geld verdienen lässt, als wenn die Läden im eigenen Besitz sind. Also verkaufte Burger King und machte zwei bislang eher unbekannte Männer zu Großgastronomen. Doch jetzt zeigt sich: Franchise ist auch gefährlich.

Und zwar dann, wenn der Franchisegeber, also der Dachkonzern, die Kontrolle verliert, wenn in den selbständigen Geschäften schlampig gearbeitet wird. Dann kann es sein, dass alles zusammenbricht. So wie an diesem Mittwoch in Sachen Yi-Ko: Mit "sofortiger Wirkung" habe man die Verträge mit dieser Holding gekündigt, erklärte Burger-King-Deutschland-Chef Andreas Bork. Ab sofort werden die mittlerweile noch 89 Filialen - darunter etwa die Burger-King-Restaurants in den Hauptbahnhöfen von München und Köln - nicht mehr beliefert. Immer wieder habe Yi-Ko gegen festgelegte Arbeitsabläufe und Arbeitsrecht verstoßen. Angesichts der daraus entstehenden Rufschädigung könne Yi-Ko kein Teil der Burger-King-Gemeinschaft bleiben.

Yi-Ko will sich mit allen rechtlichen Mitteln wehren

Zu den Vorwürfen will sich Yi-Ko nicht äußern. Dominik Ziegenhahn, der als Rechtsanwalt der Kanzlei Graf von Westphalen die Yi-Ko Holding vertritt, sagte der SZ jedoch: "Wir werden uns mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln gegen die Kündigung zur Wehr setzen." Das bedeutet: eine einstweilige Verfügung, damit das Geschäft weiterläuft.

Burger King will hart bleiben: "Die Kündigung stellt für uns den letzten Schritt dar", sagte Geschäftsführer Bork. Seinen Konzern kostet die Entscheidung viele Millionen Euro Umsatz. 3000 Mitarbeiter bangen nun, ob sie ihren Job verlieren. Die zuständige Gewerkschaft NGG erklärt unmissverständlich: "Burger King muss die Verantwortung für die Beschäftigten übernehmen und dafür Sorge tragen, dass sie nicht unter der Krise leiden müssen."

Dabei, im Mai 2013, schien der Deal total wasserfest: Mehr als 20 Wirtschafts- und Rechtsspezialisten waren am Franchise-Vertrag beteiligt. Doch praktisch seit der Übernahme der Filialen kritisierten Arbeitnehmer und die NGG das Geschäftsgebaren von Yildiz und Kolobov. Nicht einmal eine Woche nach den Unterschriften kündigten die Unternehmer zahlreiche Mitarbeiter und auch alle Betriebsvereinbarungen.

Mehrere Hundert Gerichtsstreitigkeiten hat die NGG gezählt in den eineinhalb Jahren: weil die Yi-Ko Urlaubsgeld oder Nachtzuschläge nicht zahlte oder erkrankte Mitarbeiter kündigte oder die Arbeit von Betriebsräten behinderte. Die Yi-Ko hatte für den Job sogar den Spezialrechtsanwalt Helmut Naujoks engagiert, Herausgeber von Büchern wie "Kündigung von Unkündbaren". Dazu kam in diesem Frühjahr eine Reportage des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff. Sein Fernsehteam filmte verdeckt, dass in Yi-Ko-Filialen etwa altes Gemüse frische Zeitstempel erhielt. Spülmaschinen fehlten. Mitarbeiter mussten Dosen auch mal mangels Öffner per Schere aufhebeln.

Wenige Tage danach versuchte die Deutschland-Zentrale von Burger King den Befreiungsschlag. Geschäftsführer Yildiz wurde entmachtet - mit seinem Einverständnis -, und zwei Burger-King-Manager griffen ein. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben sei es, so Deutschland-Chef Bork damals, "eine maximale Zahl der Gerichtsverfahren schnell und einvernehmlich beizulegen". Der Konzern schulte zudem Mitarbeiter des Franchisenehmers, wie Hack richtig gebraten gehört ("Natürlich immer frisch auf Bestellung für dich zubereitet") und eine Transparenz-Offensive sollte zeigen, dass in der Küche alles mit rechten Dingen zugeht: Eine Art Burger-TÜV kontrollierte die Qualität von Fleisch, Semmeln und Gemüse. "Jetzt erst recht!" - das war Borks Devise, um die Filialen zu retten und auch das ramponierte Ansehen von Burger King insgesamt. Doch die Mühen waren vergebens. Im Sommer begann alles von vorn.

"Die Ursache war unseres Erachtens", sagt Bork der Süddeutschen Zeitung, "dass sich Herr Yildiz erneut ins Tagesgeschäft eingemischt hat". Das Problem dabei: "Wir teilen nicht dieselben Vorstellungen, wie man ein Unternehmen führen sollte." Alles habe man versucht, auch den Verkauf. Doch Yildiz und Kolobov - beide übrigens schon vor der Yi-Ko-Gründung im Burgergeschäft aktiv - hätten nicht verkaufen wollen. Und ändern wollten sich die beiden offenbar auch nicht. "Wenn der Wille nicht da ist, dann lässt sich das nicht umsteuern", sagt Bork nun resigniert.

Geplant war ein Vertrag über zehn Jahre

Seit dem Sommer hat sein Team deshalb Vorfälle gesammelt, um genügend Material für die juristisch heikle Kündigung des eigentlich weit über zehn Jahre lang laufenden Vertrags zu bekommen. Für Presseanfragen der SZ waren Yildiz und Kolobov übrigens nie zu sprechen.

Bork erhält Unterstützung von Gewerkschaftsmann Guido Zeitler. Der Leiter Systemgastronomie bei der NGG erkennt an, Burger King habe versucht einzugreifen, doch der Einfluss sei zu schwach gewesen. Der vermeintlich neue Yi-Ko-Geschäftsführer Dieter Stummel sei zuvor die rechte Hand von Kolobov gewesen, "Mittäter der Schmutzeleien". Unter der Führung von Stummel sei die Yi-Ko dann aus dem Bundesverband der Systemgastronomie ausgetreten - was auch den Ausstieg aus der Tarifpflicht bedeutet.

Vielleicht äußern sich Eigentümer und Geschäftsführer nicht, weil alle überrascht sind, weil sie nicht wissen, wie sie vorgehen sollen. Nur mit juristischen Mitteln? Oder will man sich nun doch auf einen Verkauf einlassen? Die Burger-King-Schilder abschrauben und die Kette unter eigenem Namen weiterführen, also Yi-Ko-Burger verkaufen? Geht nun die Yi-Ko Holding in die Insolvenz? Viel Zeit zum Überlegen bleibt nicht: Am Freitag dürften die Vorräte in den Filialen zur Neige gehen.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2014/dayk
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