Bundesweite Warnstreiks:Von nah und von fern - die Bahn kommt nicht

Chaos im Berufsverkehr: Bundesweit haben am Morgen 1700 Bahner die Arbeit niedergelegt. Tausende Reisende strandeten. Im bayerischen Nahverkehr kommt es weiterhin zu Verzögerungen.

Bundesweite Warnstreiks bei der Bahn mit Schwerpunkten in Nordrhein-Westfalen und Bayern: Viele Eisenbahner haben dort in den Morgenstunden ihre Arbeit vorübergehend niedergelegt. Kurz vor elf Uhr erklärten die Gewerkschaften Transnet und GDBA ihre Warnstreiks schließlich für beendet. Das teilte ein Transnet- Sprecher in Berlin mit. An den Arbeitsniederlegungen im Regionalverkehr seien am Morgen zirka 1700 Eisenbahner beteiligt gewesen. Bestreikt wurden die Regionalverkehrstochter der Deutschen Bahn (DB) sowie mehrere Privatbahnen. Auch wichtige Fernverbindungen waren zeitweise unterbrochen. Die Bahn rechnet damit, dass es noch bis in den Abend hinein zu Behinderungen kommen wird.

Warnstreiks im Bahnverkehr

Bundesweit haben am Dienstag Mitarbeiter der Bahn die Arbeit vorübergehend niedergelegt - es kam zu Behinderungen im Regional- und Fernverkehr.

(Foto: dapd)

"Wir haben das gesamte Netz gestört", sagte der Transnet-Sprecher. Die erste Behinderungswelle habe gegen fünf Uhr eingesetzt, als die Mitarbeiter in den Ausstand traten. Zwischen sieben und 7.30 Uhr habe sich die Situation dann zugespitzt. Während der Streikphase sei am Münchner Hauptbahnhof "jeder zweite Zug am Gleis als ausgefallen angezeigt gewesen", sagte der Gewerkschaftssprecher weiter. Einen normalen Fahrbetrieb erwartete Transnet erst wieder am Nachmittag.

Keine neuen Streiks bis Ende der Woche

Die Gewerkschaft hatte die befristeten Ausstände für nahezu alle Bundesländer angekündigt, im Wesentlichen blieb es aber bei Arbeitsniederlegungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Bis zur Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen gegen Ende der Woche soll es keine neuen Streiks mehr geben. Zunächst würden Transnet und GDBA die Wirkung der Warnstreiks auswerten, sagte GDBA-Chef Klaus Dieter-Hommel in der ARD.

Dabei werde wahrscheinlich auch darüber gesprochen, dass es "bis zum nächsten Verhandlungstermin nicht mehr zu Warnstreikmaßnahmen" komme - auch, um Bahnkunden zu schützen. Am Freitag wollen die Gewerkschaften mit der Deutschen Bahn zur siebten Runde der laufenden Tarifverhandlungen zusammentreffen, die zuletzt feststeckten. Hommel sagte, er hoffe auf ein Angebot der Bahn bei dem Treffen. Um Druck zu machen, seien aber auch weiter Warnstreiks möglich.

Massive Einschränkungen

In Nordrhein-Westfalen mussten Pendler zunächst mit Zugausfällen und Verspätungen in Essen, Dortmund und Münster rechnen. Dort hatten am Morgen etwa 160 Beschäftigte ihre Arbeit ruhen lassen. Transnet sprach von "erheblichen Zugausfällen im Regional- und S-Bahn-Verkehr" in Essen und Münster. In Dortmund sei auch der Fernverkehr gestört. Gegen fünf Uhr endete der Streik in NRW.

Im morgendlichen Berufsverkehr in Bayern dauerte der Ausstand etwa drei Stunden. Punkt acht Uhr sei der Streik der Transnet-Mitglieder beendet worden, hieß es von Seiten der Gewerkschaft. Wie GDBA und Transnet mitteilten, kam es zu massiven Einschränkungen im Bahnverkehr sowie in bayerischen Großstädten auch im Nahverkehr.

Der Warnstreik wirkte sich auch auf Niedersachsen und Bremen aus. In Hannover hatten nach Auskunft der Deutschen Bahn (DB) rund zehn Fernverkehrszüge am Vormittag Verspätungen zwischen 30 Minuten und zwei Stunden. Betroffen waren Züge aus dem Süden auf der Fahrt Richtung Norden. In Bremen verspäteten sich mehrere Züge aus dem Ruhrgebiet.

Am Morgen wurde zudem ein Stellwerk in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt Magdeburg bestreikt. Dadurch kam es zu einzelnen Zugausfällen auf der Strecke Braunschweig - Magdeburg. Bei der NordWestBahn (NWB) fielen nach Angaben einer Sprecherin auf der Strecke Osnabrück - Vechta - Bremen im Laufe des Vormittags insgesamt sieben Züge aus.

Probleme am Nürnberger Bahnhof

In Bayern waren unter anderem von fünf Uhr an gut 50 Beschäftigte mehrerer Privatbahnen in den Ausstand getreten. Betroffen waren die Arriva-Töchter Regentalbahn in Cham und Zwiesel sowie Alex in Kempten, die Veolia-Töchter Bayerische Regiobahn und Bayerische Oberlandbahn.

Warnstreiks im Bahnverkehr angekuendigt

Ärgerlich für Pendler - die Bahner streiken.

(Foto: dapd)

Auch in München gab es massive Behinderungen am Hauptbahnhof sowie Störungen im S-Bahn-Verkehr. Besonders betroffen sei der Hauptbahnhof in Nürnberg gewesen. Er sei durch den Ausstand komplett blockiert worden, Regional- und Fernverkehr lägen lahm. "Auch im Allgäu und im Bayerischen Wald stehen die Züge still", sagte ein Sprecher.

Im Nürnberger Bahnhof gab es zwischen sechs und sieben Uhr erhebliche Probleme, "das entspannt sich aber gerade wieder", sagte eine Bahnsprecherin.

Auf der Strecke München - Ingolstadt - Nürnberg gebe es zudem weiter massive Einschränkungen wegen eines bestreikten Stellwerkes in München-Allach. Nach Angaben der Bahnsprecherin war davon auch die S-Bahn-Linie S2 betroffen. "Zudem ist ein Streik-Schwerpunkt das Allgäu."

Bayern: Tagesstreik in Großstädten

In Bahnhofsumfragen des Bayerischen Rundfunks (BR) äußerten zahlreiche Pendler zwar Verständnis für die Streikenden, beklagten aber zugleich die teils unzureichenden Informationen über Ausfälle. Die Warnstreikwelle im Zugverkehr mit jeweils zweistündigen Protesten soll sich in Bayern bis in den späten Vormittag ziehen. Die Aktionen sind zunächst auf Dienstag beschränkt.

Gleichzeitig wird in einigen bayerischen Großstädten auch der kommunale Nahverkehr den ganzen Tag über bestreikt.

Wie eine Sprecherin der DBB Tarifunion mitteilte, mussten Pendler seit vier Uhr in München und Nürnberg im Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn-Verkehr mit Verzögerungen rechnen, seit 6:30 Uhr auch in Augsburg. Der Autoverkehr in der Münchner Innenstadt sei jedoch in der Folge nicht problematisch gestiegen, hieß es seitens der Polizei.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte ihre Mitglieder bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) dazu aufgerufen, von vier Uhr bis 19 Uhr die Arbeit niederzulegen. Die MVG werde versuchen, die Einschränkungen für Fahrgäste so weit wie möglich zu begrenzen, teilte die Gesellschaft mit. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter befinde sich nicht im Streik.

Verhandlungen seit mehreren Wochen

Am Morgen sei der Betrieb bei U-Bahn, Bus und Tram weitgehend normal angelaufen, so die MVG. Derzeit seien alle vorgesehenen U-Bahn-Züge besetzt und im Einsatz. Bei Tram und Bus würden ebenfalls alle Linien bedient, hier komme es derzeit vereinzelt zu Ausfällen.

Transnet und die Verkehrsgewerkschaft GDBA wollen gleiche Tarife bei Bahn-Unternehmen durchsetzen. Die Einkommen bei privaten Konkurrenten liegen teils 20 Prozent unter DB-Niveau. Seit mehreren Wochen verhandeln die beiden Gewerkschaften sowie die Lokführergewerkschaft GDL parallel mit sechs großen Privatbahnen und der DB über einheitliche Tarifstandards für die Branche. Sie fordern, der Wettbewerb um Regionalverbindungen dürfe nicht über niedrigere Einkommen auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden.

Die bestreikten Bahnunternehmen kritisierten die Arbeitsausstände und boten eine Schlichtung an. Die Bahn empfahl Reisenden, sich vor der Fahrt zu informieren.

Hierzu hat die Bahn eine kostenfreie Info-Telefonnummer eingerichtet: 08000/996633.

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