Bundesverfassungsgericht:In Sachen Erbschaftsteuer

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Es wird noch dauern, bis die verfassungsrechtlichen Zweifel am Erbschaftssteuergesetz ausgeräumt sind. In Karlsruhe gibt es noch immer keinen Verhandlungstermin.

Von Daniela Kuhr

Seit Monaten diskutiert die Fachwelt: Wie wird das Bundesverfassungsgericht in Sachen Erbschaftsteuer entscheiden? Und welche Folgen haben die verfassungsrechtlichen Zweifel auf jetzige Erbfälle? Doch die Unsicherheiten werden vermutlich auch im kommenden Jahr nicht beseitigt. Das Verfassungsgericht hat noch nicht mal einen Verhandlungstermin festgesetzt.

Je nach Vermögensart

Das Verfahren, das dort seit Mitte 2002 anhängig ist, geht auf eine Vorlage des Bundesfinanzhofs in München (BFH) zurück. Das oberste deutsche Steuergericht hatte einen bei ihm anhängigen Prozess ausgesetzt, weil es einige Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes für verfassungswidrig hielt. Die Richter durften das Gesetz nicht selbst kippen, denn die Frage der Vereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz ist ausschließlich Sache des Bundesverfassungsgerichts.

In seinem Vorlage-Beschluss hatte der BFH bemängelt, dass Erbschaften höchst unterschiedlich besteuert werden, je nachdem was der Verstorbene hinterlässt. So werden etwa Betriebsvermögen, Immobilien oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen nur mit einem geringen Teil ihres Marktpreises berücksichtigt; bei Bargeld, Sparguthaben oder börsennotierten Wertpapieren wird dagegen der volle Wert angesetzt. Das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verlange aber, "dass die Steuerpflichtigen (...) rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden", so die BFH-Richter.

Experten erwarten, dass sich das Verfassungsgericht dieser Argumentation anschließen wird. Die Karlsruher Richter hatten schon 1995 die Ungleichbehandlung von Kapital- und Immobilienvermögen kritisiert. Obwohl der Gesetzgeber daraufhin die so genannten Einheitswerte, die für die Bewertung von Immobilien gelten, deutlich heraufsetzte, gehen bebaute Grundstücke und Eigentumswohnungen immer noch durchschnittlich nur mit der Hälfte des Marktpreises in die Berechnung ein. Bei Betriebsvermögen unterliegt oft nicht mal ein Drittel der Sachwerte der Erbschaftsteuer. Daran hat sich auch durch die im Dezember beschlossenen Änderungen nur wenig verändert.

Es gilt deshalb als wahrscheinlich, dass Karlsruhe die Regelungen erneut kippen wird. Mit einem rückwirkenden Richterspruch rechnen die Steuer-Experten allerdings nicht. Die Mehrheit erwartet, dass die Richter zwar das geltende Recht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklären, es aber nicht für die Vergangenheit aufheben. Stattdessen setzt das Gericht dem Gesetzgeber in der Regel eine Frist, bis zu deren Ablauf er neue Vorschriften erlassen muss. Für die Vergangenheit blieben die Normen dann trotz festgestellter Verfassungswidrigkeit in Kraft.

Lukrative Einnahmequelle

Da das Erbschaftsteuer-Verfahren 1995 mehr als vier Jahre gedauert hatte, wird auch diesmal frühestens für 2005 mit einer Entscheidung gerechnet. So lange wollen Politiker aber nicht warten, schließlich könnte die Erbschaftsteuer eine lukrative Einnahmequelle sein - Finanzexperten schätzen, dass bis zum Jahr 2010 Vermögen in Höhe von zwei Billionen Euro vererbt wird.

Im Frühjahr will die SPD deshalb einen Gesetzentwurf vorlegen, der den erwarteten Forderungen aus Karlsruhe zuvorkommen soll. Die Länder, denen das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer zusteht, sollten dabei aber nicht auf Mehreinnahmen hoffen. Denn wenn Karlsruhe etwas fordern wird, dann ist das nicht eine höhere, sondern eine gleichmäßige Steuerbelastung.

© SZ vom 2.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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