Süddeutsche Zeitung

Bundestag:Linke fordert Steuertransparenz

  • Die Linkspartei möchte, dass Konzerne veröffentlichen, wie viel sie in einzelnen Staaten verdienen und an Steuern zahlen.
  • Viele deutsche Konzerne lehnen das ab, weil sie fürchten, dass dann Geschäftsgeheimnisse verraten werden.

Von Bastian Brinkmann

Die Linksfraktion im Bundestag pocht darauf, Steuerzahlungen von Konzernen transparenter zu machen. Sie wird einen entsprechenden Antrag ins Parlament einbringen. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in EU-Verhandlungen dafür einzusetzen, dass internationale Konzerne wichtige Eckdaten wie Umsatz, Gewinn und Steuerzahlungen jeweils auf Länderebene öffentlich machen müssen. Anträge der Oppositionsparteien haben in der Regel keine Chance darauf, im Bundestag angenommen zu werden, sondern signalisieren, welche Themen ihnen wichtig sind.

"Wir brauchen steuerliche Transparenz von Konzernen, um aggressive Steuerflucht zu bekämpfen", sagt Fabio De Masi, der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion. In einigen wenigen Branchen ist die zusätzliche Transparenzauflage für Konzerne bereits eingeführt, so bei Banken. Die Offenlegungspflicht bei Finanzinstituten führe "zu höheren staatlichen Steuereinnahmen" und helfe "Steuervermeidung aufzudecken und zu beschränken", so die Linksfraktion unter dem Verweis auf wissenschaftliche Studien.

Viele Unternehmen lehnen zusätzliche Transparenzregeln ab. Sie fürchten, dass das Veröffentlichen der Zahlen Geschäftsgeheimnisse verraten würde. Das könnte vor allem den Konkurrenten helfen, die außerhalb der EU sitzen und die daher davon weniger betroffen wären. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Regeln für die sogenannte länderspezifische Berichterstattung entwickelt. Demnach sind diese Statistiken aber nicht öffentlich, sondern liegen nur den zuständigen Finanzämtern vor.

Es gibt ein erstes EU-Urteil zu umstrittenen "tax rulings"

Für die europäische Diskussion über Steuervermeidung ist ein neues Urteil des Gerichts der Europäischen Union interessant. Denn es bestätigt, dass die EU-Kommission gegen unfaire Steuertricks in Mitgliedsländern vorgehen darf. Der bekannteste Fall betrifft Apple in Irland; der Konzern soll mehr als 14 Milliarden Euro plus Zinsen an Steuern nachzahlen, hat die Brüsseler Behörde entschieden. Dublin und der iPhone-Konzern wehren sich juristisch dagegen, eine Entscheidung steht noch aus.

Die EU-Kommission beruft sich bei ihren Steuerentscheidungen auf das Beihilfeverbot in der Europäischen Union. Es untersagt Mitgliedsstaaten, Firmen wettbewerbsverzerrend zu bevorteilen. Im vor Kurzem gefällten Urteil des EU-Gerichts ging es nicht um Irland, sondern um Steuerkonstrukte in Belgien. Irland hatte sich aber offiziell der Klage des Landes angeschlossen.

Das Ergebnis für die Staaten ist gemischt: Einerseits bestätigten die Richter generell das Vorgehen der EU-Kommission, mit dem Beihilferecht in die Steuerpolitik der Mitgliedsstaaten einzugreifen. Andererseits hat die Kommission im konkreten Fall falsch entschieden, in Belgien lag keine verbotene Beihilfe vor. Die Kommission hatte im Januar 2016 angeordnet, dass 35 internationale Konzerne rund 700 Millionen Euro an Steuern nachzahlen müssten. Das Geld geht nun wieder zurück an die Unternehmen: Die Richter hoben die Entscheidung der Kommission auf.

Es ist das erste Urteil des Gerichts, das sich mit sogenannten tax rulings beschäftigt. Das sind verbindliche Auskünfte, die internationale Konzerne von Steuerbehörden einholen, bevor sie eine Steuererklärung einreichen. Unternehmensberater rechnen mit ihnen durch, ob sich eine Steuerkonstruktion für einen Konzern lohnt oder nicht.

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SZ vom 18.02.2019/bbr
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