Bundesnetzagentur:Strom - dringend gesucht

Die Energiewende ist beschlossen, acht Atommeiler sind abgeschaltet: Aber was passiert, wenn der Strom fehlt? Die Bundesnetzagentur wappnet sich für den Ernstfall: Sie ermittelt deutschlandweit Kraftwerksreserven, um bei einem Engpass schnell reagieren zu können.

Im nächsten Winter wird Deutschland wohl zittern, aber nicht nur wegen der Kälte. Gezittert wird vielleicht auch darum, ob noch Strom aus der Steckdose kommt. Ein mögliches Szenario: Wenn an kalten Wintertagen der Wind still steht und kaum Sonne scheint, droht ein Blackout für die Stromversorgung.

Stromausfall - Strommasten

Wird im Winter der Strom knapp? Die Bundesnetzagentur registriert momentan alle Kraftwerksreserven, um im Ernstfall vorbereitet zu sein.

(Foto: dpa)

Mitte März sind acht Atomkraftwerke abgeschaltet worden, das Stromnetz wird seitdem stärker belastet - Eingriffe in die Versorgung sind für die Betreiber zur Normalität geworden. Um das Netz stabil zu halten, müssen sie regelmäßig Kraftwerke zuschalten - andere Anlagen müssen dagegen vom Netz gehen.

Wie die Financial Times Deutschland berichtet, bereitet die Bundesnetzagentur sich darauf vor, dass der Strom knapp werden könnte: Momentan erfasst die Bonner Behörde alle Kraftwerke in einem Register. Die Aktion ist keine Routinearbeit - die Netzagentur möchte genau wissen, wann wie viel Strom einsetzbar ist, um bei einem Notfall schnell reagieren zu können.

Belastungsprobe im Winter

In den Sommermonaten sollte es keine Probleme geben - aber der kommende Winter könnte bereits zur Belastungsprobe für das deutsche Stromnetz werden. Als besonders anfällig gilt der Süden Deutschlands, weil dort die meisten der abgeschalteten Atommeiler stehen.

Damit im Ernstfall alle Reserven gebündelt werden können, sollen Kraftwerksbetreiber alle Generatoren melden. Berücksichtigt werden nach Angaben der Netzagentur alle Energieträger und Kraftwerke: Großkraftwerke für die öffentliche Versorgung, Industriekraftwerke sowie private Anlagen.

Eine Rolle spielen auch erstmals Kleinanlagen mit einer Leistung ab 20 Megawatt - beispielsweise Generatoren, die mit Erdöl oder Biomasse laufen. Bisher fanden eigentlich nur Kraftwerke mit einer Leistung von mindestens 100 Megawatt Beachtung.

Die Netzagentur registriert auch ausrangierte Kraftwerke, die zwar nicht mehr laufen, jedoch noch betrieben werden dürfen. Bei Bedarf könnten alte Anlagen in wenigen Wochen startbereit gemacht werden. Doch das ist teuer: Brennstoff und Klimarechte kosten deutlich mehr als bei neuen Anlagen und auch der Wirkungsgrad ist schlechter - beispielsweise wandeln alte Braunkohlekraftwerke nur 32 Prozent der verbrauchten Energie in Strom um, moderne Anlagen schaffen dagegen 43 Prozent.

Bisher hat die Bundesnetzagentur nach eigenen Angaben noch keine Ergebnisse ihrer Umfrage vorliegen. Ob der Strom im Ernstfall reicht, bleibt also ungewiss, auch weil für den Winter nur wenig Strom aus neuen Kraftwerken in Sicht ist. In Deutschland werden zwar neue Kraftwerke mit insgesamt 10.000 Megawatt Leistung gebaut - aber bis diese Menge vollständig einsetzbar ist, wird es noch dauern.

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