Bundesländer diskutieren über gemeinsamen Einstieg:Russen stärken Einfluss auf EADS

Russlands Interesse an EADS wächst: Die staatliche Vneshtorgbank soll ihren Anteil von fünf auf sechs oder sieben Prozent aufgestockt haben. Bestätigt sich dies, wäre die Bundesregierung unter Zugzwang.

Ulrich Schäfer, Jens Flottau und Peter Fahrenholz

Die russische Staatsbank war erst im September bei dem europäischen Gemeinschaftsunternehmen eingestiegen. In den vergangenen Tagen habe die Bank an der Börse weitere EADS-Aktien aufgekauft, berichteten Vertreter der französischen Regierung.

Bundesländer diskutieren über gemeinsamen Einstieg: Russlands Interesse an EADS wächst.

Russlands Interesse an EADS wächst.

(Foto: Foto: AFP)

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch erklärt, er persönlich könne sich vorstellen, den Anteil an EADS weiter zu erhöhen; aber eine endgültige Entscheidung gebe es darüber noch nicht. Putin hatte bei seinem Deutschland-Besuch auch mit Kanzlerin Angela Merkel über die Zukunft von EADS gesprochen.

Bundesregierung ist überrascht

Die Bundesregierung zeigte sich vom Vorstoß der Russen gleichwohl überrascht. "Mir liegen dazu keine Informationen vor", sagte ein Regierungssprecher am Freitag.

Berlin sei sich aber mit der Regierung in Paris einig, dass sich die gemeinsame Führung durch Deutschland und Frankreich bewährt habe. Es bestehe "das gemeinsame Interesse, dass deutsche und französische Investoren weiterhin in Mehrheitsposition bleiben" und auch künftig die strategische Führung bei dem europäischen Industriekonzern innehaben.

Spitzenrunde im Kanzleramt

Die Bundesregierung dürfte angesichts dieser Entwicklung ihren Plan forcieren, ebenfalls bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern einzusteigen. Ein Sprecher betonte, es sei darüber aber noch keine Entscheidung gefallen. Am Mittwoch hatte eine Spitzenrunde im Kanzleramt mögliche Varianten eines staatlichen Engagements durchgespielt.

An dem Treffen nahmen die Staatssekretäre Thomas Mirow (Finanzen), Joachim Wuermeling (Wirtschaft) und Peter Eickenboom (Verteidigung) teil; geleitet wurde es von Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann. Der mögliche Einstieg bei EADS werde angesichts seiner Bedeutung künftig vom Kanzleramt koordiniert, nicht mehr vom Finanzministerium, hieß es in Regierungskreisen.

Im Zentrum der Überlegungen steht die Idee, dass die Staatsbank KfW jene Aktien übernimmt, die DaimlerChrysler verkaufen will; das Unternehmen will einen Anteil von 7,5 Prozent abstoßen. An der KfW sind Bund und Länder gemeinsam beteiligt. Die staatliche Bank müsste für das Paket etwa 1,4 Milliarden Euro bezahlen. Dies könne sie finanzieren, ohne sich von anderen Anteilen zu trennen, etwa von Post- oder Telekom-Aktien, hieß es in informierten Kreisen.

Russen stärken Einfluss auf EADS

Auch mehrere Bundesländer erwägen, sich an EADS zu beteiligen. Merkel beriet darüber am Donnerstagabend mit den Ministerpräsidenten der Union. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) sagte danach, er schließe nicht aus, "dass wir unter Umständen bereit sind, uns zu beteiligen".

So könnten sich die Länder über öffentliche Institute beteiligen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte, der Freistaat werde bei einer konzertierten Aktion mitziehen. Es gehe um eine "Schlüsselindustrie". Dagegen sprach sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erneut gegen eine staatliche Beteiligung aus. "Ich will Daimler so lange, wie es geht, drin halten", sagte er am Rande des CSU-Parteitags in Augsburg.

Daimler plädiert für deutschen Pool

Sollte Daimler aber am Verkauf festhalten, plädiere er für einen deutschen Pool. "Mir ist jeder Anteilseigner lieber, der ein privater Anteilseigner ist." Ein Regierungssprecher sagte, dass der Bund "in dieser sensiblen Phase" in engem Kontakt mit DaimlerChrysler stünde.

Unterdessen ging die Debatte um das Sanierungskonzept von Airbus weiter. Das Airbus-Mutterhaus EADS steht nach den Worten seines Co-Aufsichtsrates Manfred Bischoff dem Verkauf von Standorten des Flugzeugbauers offen gegenüber, sofern dies Einsparungen bringt.

Zulieferer müssen billiger produzieren

Bischoff sagte der in Paris erscheinenden International Herald Tribune, Zulieferer müssten in der Lage sein, die Produktionsstätten kostengünstiger zu betreiben. "Wenn es nur um einen Besitzerwechsel geht, macht das keinen Sinn", so Bischoff. Er sagte nicht, in welchen Ländern Standorte verkauft werden könnten. Der Flugzeugbauer hatte am Mittwoch einen Bericht zurückgewiesen, Airbus wolle sich von fünf deutschen Standorten trennen.

Das Interesse am Großflugzeug A380 ist aber ungebrochen. Der wichtigste A380-Kunde Emirates will doch an seiner Bestellung festhalten, wie am Freitag bekannt wurde. Die Fluggesellschaft habe bereits zu stark in die Infrastruktur am Boden investiert, sagte Emirates-Chef Tim Clark.

43 Maschinen für Emirates

Emirates hat 43 Maschinen bestellt und soll die erste im Sommer 2008 erhalten - ein Jahr später als zuletzt geplant. Emirates baut in Dubai einen Wartungshangar, in dem sechs A380 gleichzeitig Platz finden. Ein neues Terminal am internationalen Flughafen ist ebenfalls auf die A380 ausgerichtet.

Virgin Atlantic hat Airbus nach eigenen Angaben eine Frist bis Ende nächster Woche gesetzt. Bis dahin will die Fluggesellschaft Antworten auf "Vorschläge". Dabei geht es dem Vernehmen nach um eine Entschädigung. Virgin Atlantic hatte erwogen, den Auftrag für sechs A380 zu stornieren. Bislang aber hat sich kein A380-Kunde zurückgezogen.

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