Süddeutsche Zeitung

Bundeshaushalt 2015:SPD denkt über neue Schulden nach

"Sollten wir in die Rezession rutschen, bin ich bereit, kurzfristig zu reagieren": SPD-Fraktionsvize Schneider schließt die Abkehr vom Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts nicht länger aus. Finanzminister Schäuble kritisiert er für dessen EZB-Schelte.

Von Claus Hulverscheidt

Die SPD schließt für den Fall eines Konjunktureinbruchs die Abkehr vom Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts nicht länger aus. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider sagte der Süddeutschen Zeitung, solange sich die wirtschaftliche Lage nicht weiter verschlechtere, "halten wir an dem gemeinsamen Ziel fest, 2015 erstmals seit 1969 wieder ohne neue Kredite auszukommen".

Gleichzeitig aber müsse man die Warnsignale, die die Politik derzeit aus der Wirtschaft erreichten, ernst nehmen und die Investitionen erhöhen. "Sollten wir nächstes Jahr in die Rezession rutschen, bin ich aber auch bereit, kurzfristig zu reagieren und einen Nachtragsetat zu schnüren", betonte Schneider.

"Es reicht nicht, Weltmeister im Belehren zu sein"

"Das Einzige, was sofort wirken würde, wäre ein groß angelegtes kommunales Investitionsprogramm. Was wir auf keinen Fall machen werden, ist, dem Abschwung hinterherzusparen und so die Lage noch zu verschlimmern."

Im kommenden Jahr sind aus Sicht des Sozialdemokraten allerdings nur zusätzliche Investitionen im unteren einstelligen Milliardenbereich möglich. "Mehr würden wir auf die Schnelle auch gar nicht umsetzen können", sagte er. Schneider schloss sich zudem der Forderung des Chefs der Euro-Finanzministergruppe, Jeroen Dijsselbloem, an, Deutschland müsse sich mehr um strukturelle Reformen und gute Investitionsbedingungen für Unternehmen bemühen.

"Hier ist zehn Jahre lang fast nichts passiert. Es reicht nun einmal nicht, Weltmeister im Belehren anderer zu sein. Man muss auch daheim liefern", erklärte Schneider.

Kritik an Schäubles EZB-Rüffel

Als Fehler bezeichnete der Vize-Fraktionschef die jüngste Kritik von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an der Europäischen Zentralbank (EZB) und deren Chef Mario Draghi. "Dass der Euro immer noch besteht, haben wir nicht zuletzt dem klugen Verhalten von Mario Draghi in den vergangenen Jahren zu verdanken", sagte Schneider.

"Man kann einzelne Entscheidungen der EZB auch kritisch sehen, aber der Bundesfinanzminister sollte künftig darauf verzichten, die EZB öffentlich zu belehren und damit das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit in Frage zu stellen."

Carsten Schneider im Wortlaut

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