Das Land Hessen nominiert die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, für den Vorstand der Bundesbank. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters aus hessischen Regierungskreisen. Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sei bei dieser Top-Personalie wichtig gewesen, eine politisch unabhängige, fachlich versierte Frau zu finden, hieß es. Die 46-jährige Ökonomin werde das Führungsgremium der deutschen Notenbank mit ihrer Kompetenz sowie nationaler wie internationaler Erfahrung bereichern. Ziel für eine Berufung von Köhler-Geib sei die Sitzung des Bundesrates im September.
Die promovierte Volkswirtin war vor ihrem Wechsel zur KfW unter anderem bei der Weltbank und beim Internationalen Währungsfonds tätig. Bei der Weltbank war sie von 2017 bis 2019 Chefvolkswirtin für Zentralamerika. Sie soll Joachim Wuermeling ersetzen, der zum Jahreswechsel auf eigenen Wunsch ausschied – dessen Abgang aber bereits seit März 2023 bekannt war.
Das Bundesbankgesetz legt fest, dass der Bundesbankvorstand sechs Mitglieder hat. Zudem müssen die Mitglieder des Vorstands besondere fachliche Eignung besitzen. Allerdings sind seit Jahresbeginn insgesamt drei Posten unbesetzt geblieben – obwohl die Abgänge so rechtzeitig bekannt waren, dass die Politik schon früher die Nachfolger hätte bestimmen können.
Doch erst im März hatte Nordrhein-Westfalen den ehemaligen nordrhein-westfälischen Finanzminister Lutz Lienenkämper als Vorstandsmitglied nominiert. Er wird Nachfolger von Johannes Beermann, der bereits Ende 2022 ausgeschieden war. Lienenkämpfer amtierte von 2017 bis 2022 als Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen. Als Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundesrates sowie als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz hat Lienenkämper über Jahre hinweg die Interessen der Länder in Fragen der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik an entscheidender Stelle koordiniert und gegenüber dem Bund vertreten.
Die Nominierungen für den unterbesetzten Vorstand sind jetzt abgeschlossen
Im April schloss die Bundesregierung eine weitere Lücke: Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) wird ebenfalls Bundesbankvorstand. In seiner Zeit als stellvertretender Fraktionsvorsitzender von 2017 bis 2021 kümmerte er sich um die Themen Haushalt, Steuern und Finanzen. Im Europäischen Parlament hatte er sich mit Finanzpolitik beschäftigt. Er ersetzt Claudia Buch, die seit Jahresbeginn die Europäische Bankenaufsicht der EZB leitet.
Mit Fritzi Köhler-Geib sind die Nominierungen für den unterbesetzten Vorstand der Bundesbank abgeschlossen. Es ist nun eine überschaubare Zeit, in der Präsident Joachim Nagel, die Vorstandskollegin Sabine Mauderer und Vorstand Burkhard Balz noch die Arbeit von sechs verrichten müssen. Die Schnarchnasigkeit der Politik bei der Nachbesetzung des Bundesbankvorstands war ohne Beispiel seit Gründung der Währungsunion vor 25 Jahren.
Politik und Bundesbank haben seit jeher ein mal gespanntes, mal entspanntes Verhältnis. Zoff gab es stets, wenn Politiker ran wollten an das Bundesbankgold und die Währungshüter Nein sagten. Oder wenn der Kampf gegen die Inflation mit einem wirtschaftlichen Abschwung bezahlt wurde, was politisch Stimmen kosten konnte.
Gleichzeitig wechseln Politiker auch gerne zur Bundesbank, zuletzt die Vorstandsmitglieder Burkhard Balz, sowie die nun ausgeschiedenen Beermann und Wuermeling. Die Posten des Bundesbankvorstands gelten angesichts des Renommees der Institution als attraktiv, auch wenn der Start schwer sein kann. Manche Ex-Politiker gestehen unumwunden ein, dass sie zunächst in die „Lehre“ mussten bei den Fachleuten der Bundesbank, weil die Themen komplex sind. Mitunter ging es auch richtig schief mit Ex-Politikern. Bundesbankpräsident Ernst Welteke (SPD) musste 2004 zurücktreten, weil er im Berliner Luxushotel Adlon auf Kosten der Dresdner Bank nächtigte.