Bundesbank:Sorge um den Immobilienmarkt

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Die Preise für Wohnimmobilien liegen nach Ansicht der Bundesbank mittlerweile zehn bis 30 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau. (Foto: Robert Haas)

Viele Darlehen haben lange Zinsbindungen - für die Banken könnte das noch zum Problem werden, so die Warnung.

Die Bundesbank warnt vor zunehmenden Gefahren auf dem deutschen Wohnungsmarkt. 2020 seien die Preise für Wohnimmobilien mit einem Durchschnitt von 6,7 Prozent erneut kräftig gestiegen, und es werde vielfach mit einer weiteren Zunahme gerechnet, teilte die Bundesbank in ihrem jüngsten Bericht zur Finanzstabilität mit. Die Preise von Wohnimmobilien lägen inzwischen um zehn bis 30 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau. "Das ist zunehmend auch außerhalb der Ballungsräume der Fall", sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch.

Aus Sicht der Bundesbank können steigende Immobilienpreise für die Finanzstabilität dann kritisch werden, wenn vermehrt Kredite mit stark gelockerten Vergabestandards vergeben und weiter steigende Preise erwartet werden. Bei einer Preiskorrektur könnten dann vermehrt Kredite unter Druck kommen. Knapp 90 Prozent der Haushalte rechneten einer Umfrage zufolge mit weiter anziehenden Immobilienpreisen. Laut Bundesbank macht ein hoher Anteil von langlaufenden Krediten und Kapitalanlagen das Finanzsystem anfällig für Risiken, die sich aus einer Änderung der Zinsen ergeben. So habe etwa rund die Hälfte der Bankkredite für Wohnimmobilien eine Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren.

Insgesamt habe das Finanzsystem während der Pandemie gut funktioniert. Die befürchtete Pleitewelle im Unternehmenssektor blieb aus. "Die umfangreichen staatlichen Maßnahmen haben den Finanzsektor vor Verlusten geschützt. Aber es bauen sich weiter Verwundbarkeiten auf - gegenüber negativen makroökonomischen Entwicklungen und speziell auf dem Immobilienmarkt", sagte Buch. "Die Pandemie ist nicht vorüber, es gibt durchaus realwirtschaftliche Abwärtsrisiken", warnte sie.

Der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling stellte fest: "Das deutsche Finanzsystem ist derzeit ausreichend widerstandsfähig, um eine gebremste wirtschaftliche Entwicklung gut verkraften zu können." Banken könnten die aufgebauten Kapitalpuffer nutzen, um eine mögliche Einschränkung der Kreditvergabe zu verhindern. Zugleich mahnte Wuermeling, die Geldhäuser müssten sich nun auch für den Fall einer Änderung des Zinsumfeldes wappnen. "Bei einem Anstieg der Inflation, der deutlich stärker oder länger ausfällt als erwartet, könnten die Zinsen an den Finanzmärkten spürbar steigen. Marktkorrekturen und Kursverluste wären die Folge", warnte auch Buch.

Steigende Zinsen würden in der kurzen Frist insbesondere auf den Bankensektor wirken: Die Refinanzierungskosten der Institute würden unmittelbar steigen - die Erträge auf der anderen Seite dagegen nur langsam. Buch betonte: "Jetzt ist die richtige Zeit für Prävention gegenüber zukünftigen Risiken."

© SZ vom 26.11.2021 / Reuters, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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