Bundesagentur-Milliarden:Steinbrück-Vorschlag stößt auf massiven Widerstand

Finanzminister Steinbrück erntet mit seinem Vorschlag, die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit zur Finanzierung der Krankenkassen zu verwenden, scharfen Widerspruch. Politiker der Großen Koalition fordern stattdessen eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Die konjunkturbedingten Einnahmesteigerungen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben eine neue Debatte über die Verwendung der zusätzlichen Milliardenbeträge ausgelöst.

Bundesagentur-Milliarden: Finanzminister Steinbrück will Gelder zwischen Sozialversicherungskassen verschieben.

Finanzminister Steinbrück will Gelder zwischen Sozialversicherungskassen verschieben.

(Foto: Foto: dpa)

Während Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erwägt, künftige Überschüsse in die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung umzuleiten, machten sich die CDU und Arbeitgeber am Donnerstag für die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte auf dann 3,7 Prozent stark.

Erst zum Jahresanfang war der Beitragssatz von 6,5 auf 4,2 Prozent gefallen. Bei einer Umschichtung der BA- Milliarden in Krankenkassen würden die Chancen für eine weitere Senkung geringer.

Ablehnung auch bei BDA und FDP

Damit zeichnet sich ein neuer Koalitionsstreit ab. CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla plädierte für die Beitragssenkung. Der Arbeitgeberverband BDA sowie die FDP lehnten Steinbrücks Vorstoß ab.

Der DGB mahnte eine sachliche Debatte an und warnte davor, die Überschüsse der BA zweckentfremdet zu verwenden. Haushaltspolitiker der Union signalisierten Unterstützung für Steinbrücks Pläne.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) stellte sich jedoch gegen die Überlegung Steinbrücks, BA-Gelder zur Kassenfinanzierung umzuschichten. "Es sind keine Mittel für den Haushalt", sagte er.

Müntefering: Urteil erst zur Jahresmitte

Zurückhaltend äußerte er sich auch zur etwaigen Senkung des Beitragssatzes. Das sei nur dann akzeptabel, wenn die BA garantieren könne, dass sie bis 2010 keine erneuten Verluste mache und die Eingliederung von Arbeitslosen nicht leide, sagte Müntefering. Dies lasse sich frühestens zur Jahresmitte beurteilen.

Die Finanzlage der BA entwickelt sich dank der guten Konjunktur und des Rückgangs der Arbeitslosigkeit besser als angenommen. "Ich bin mir 100-prozentig sicher, dass wir den Beitrag zum 1. Oktober um einen halben Prozentpunkt absenken können", sagte der BA- Verwaltungsratvorsitzende und Arbeitgebervertreter Peter Clever nach der BA-Verwaltungsratssitzung.

Für das Jahr 2007 gehe der BA-Vorstand davon aus, dass das Finanzsaldo um 5,6 Milliarden Euro über den ursprünglichen Planungen liegen wird.

Steinbrück-Vorschlag stößt auf massiven Widerstand

Nach Annahmen der BA werden die Arbeitslosengeld-Zahlungen bis zum Jahresende um 3,7 Milliarden Euro unter den ursprünglichen Ansätzen liegen, während die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,6 Milliarden Euro höher ausfallen dürften. Clever geht nun für das Jahresende von einem BA-Überschuss von 1,3 Milliarden Euro aus.

Bislang war ein Defizit von 4,3 Milliarden Euro erwartet worden, das aus dem 11-Milliarden-Euro-Überschuss des vergangenen Jahres gedeckt werden sollte.

Steinbrück: Nicht aus Steueraufkommen zu zahlen

Steinbrück sagte, es sei völlig klar, dass die jährlich steigenden Zuschüsse des Bundes an die gesetzliche Krankenversicherung auf bis zu 14 Milliarden Euro nicht aus dem allgemeinen Steueraufkommen gezahlt werden könnten.

Daher sollte ein direktes oder ein indirektes Ausgleichssystem zwischen den Sozialkassen diskutiert werden. Bis spätestens zur Haushaltssitzung des Kabinetts im Sommer werde eine Lösung gefunden werden.

"Ich will eine Lösung haben und keine aufgeregten Debatten." Nach Clevers Angaben löste Steinbrücks Vorschlag "helle Empörung" im Verwaltungsrat aus. "Es kann nicht sein, dass die Bundesagentur dafür bestraft wird, dass sie gut gewirtschaftet hat. Die Früchte der BA sind nicht zum Verzehr Dritter bestimmt", sagte Clever.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig

In diesem Punkt seien Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Verwaltungsrat einig gewesen. CSU-Generalsekretär Markus Söder äußerte sich ebenfalls ablehnend.

Pofalla sagte der Financial Times Deutschland: "Wir müssen die Chance nutzen, den Arbeitslosenversicherungsbeitrag auf den niedrigsten Stand seit über 25 Jahren zu senken", 1982 lag der Beitrag dem Bericht zufolge bei 4,0, 1981 bei 3,0 Prozent. Der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs verlangte eine Senkung auf 3,5 Prozent spätestens zum 1. Januar 2008.

Die BDA nannte Steinbrücks Pläne eine "Zweckentfremdung" der Überschüsse. Überschüsse in der BA seien zu viel gezahltes Geld der Beitragszahler und müssten auch an diese zurück gegeben werden. DGB- Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach nannte "kopflose Forderungen nach erneuten Beitragssenkungen" derzeit völlig unangebracht.

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